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wenden, daß doch die Karoliner früher auch ohne ein
solches Kraftfntter gut Lediehen sind und sich stattlich
vermehrt haben. Gewitz, aber bei näherem Zusehen
tritt uns doch ein einschneidender Unterschied in ihrer
Ernährungsweise von einst und heute entgegen. Das
A und das O ihrer ganzen Volkswirtschaft besteht in
der Kokospalmenkultur, mit der sie wohlbertraut
waren, und dic sic von jeber, für ihren Bedarf
trieben. Nun kamen die fremden Händler ins Vane.
und aus dem Hauptnahrungsmittel wurde gleichzeitig
der Haupthandelswert, der er noch heute ist. Die
Nachfrage nach Kopra veranlaßte sie zum Bau weit
über den eigenen Bedarf hinaus. Zur Zeit der spani-
schen Herrschaft wurde die Nachfrage besonders lebhaft
und der Anreiz, Kokospalmen zu pflanzen, wurde er-
höbt durch die beiden vielbegehrten Gegenwerte, welche
die Spanier ins Land brachten, Schnaps und Pulver.
Soviel sie nur konnten, pflanzten sie Palmen. Sie
überpflanzgten dabei schließlich planlos das ganze Ge-
biet der Insel, auf dem sie gediehen, und noch heute
geben die um das Vier= und Fünffache zu dichten Be-
stände Zeugnis davon. Die Folgen dieser Uber-
pflanzung sind nicht ausgeblieben. Mit der zunehmen-
den Zahl der Bäume sank die Möglichkeit einer inten-
siven Pflege, wie sie einst geübt worden war, und
dieser Mangel im UNerein mit einer übermäßigen
Bodenausnutzung der überdichten Bestände führte zum
Kränkeln der Palmen. Schädlinge kamen hinzu und
fanden auf den schlecht ernährten Bäumen besonders
gute Lebensbedingungen und sind noch jetzt nicht über-
wunden. So sank die vorübergehend hochgetriebene
Noprakultur tief herab. Weiter aber führten die ein-
seitig auf Kopragewinnung gerichteten Bestrebungen
zur Vernachlässigung der übrigen Obstkulturen und
es Ackerbaues. Die Leute wurden eifrige Kokos-
pflauzer aber schlechte Ackerbauer. Die Obstsorten,
die sie meist zwischen den dichten Vatn#nbeftäldeen in
der Nähe der Wohnungen anbauten, mußten darunter
leiden. Es ist erstaunlich, was alles auf einem kleinen
Stückchen Erde eines Japgartens wachsen soll. Alle
die eingangs dieses Kapitels ausgezählten Fruchtsorten
sieht man da gleichzeitig, und zwischen sie drängt sich
noch die betelspendende Arekapalme, die für Herstellung
der Grasröcke der Frauen erforderlichen Dracaen und
die ihren Schmuck liefernden Hibislussträiucher. Es
wäre wohl denkbar, daß alles dies gediehe, wenn
zweierlei zuträfe: sorgfältige Pflege diel Gärten und
keine zu dichte Pflanzweite der Kokospalmen; beides
war der Fall in alter Zeit. Jedenfalls hat neuer-
ds nicht nur die Qualität der Kokoskultur, sondern
auch die vieler anderer Nahrungsmittel gelitten.
Wir müssen aber auf Jap noch ernstlich mit einer
zweiten Möglichkeit der Nahrungsverschlechterung
rechnen, und zwar auf Grund einer Erschöpfung bzw.
Verarmung des Bodens. Jap gehört zu den so-
genannten Hochinseln, um deren hügeliges Innere sich
ein Flachlandgürtel zieht. Dieser ist der fruchtbare
Teil; die durch Verwitterung gebildeten Humusmassen
werden mit den Regengüssen von den Höhen herab-
gespült und kommen dort wenigstens teilweise zur Ab-
lagerung, teilweise werden sie auch ins Mcr abge-
schwemmt. Ansehnlichere Bäche gibt es bei der Kürze
des Weges, den das Wasser bis zum Meeresufer hat,
nicht. Es fehlen deshalb auch die „fruchtbaren Täler“.
Ihre Rolle wird in gewissem Sinne vom Küstenflach=
land übernommen. Dort haben wir neben dem dauernd
sih erneuernden Humus auch das meiste Wasser, und
o haben die Insulaner mit gutem Grund gerade auf
löm ihre Siedelungen und Pflanzungen angelegt. Ja,
sie belfen diesem natürlichen Vorgang der Humus= und
Wasseranfspeicherung an vielen Orten künstlich nach,
indem sie an geeigneten Abhängen Bodenvertiefungen
schaffen, in denen Regenwasser und Humus zur Bil-
dung von Sümpfen führt, in denen sie eine ihrer be-
liebtesten Knollenfrüchte, den Taro, kultivieren. Es ist
einleuchtend, daß die Möglichkeit einer Humusver-
armung des Bodens auf den Höhenzügen gegeben ist.
In der Tat sehen wir viele von ihnen, namentlich die
entwaldeten, fast kahl, andere wieder nur kümmerlich
mit Pandanns oder Steppengras bewachsen. Die des
Haltes beraubte dünne Ackerkrume leistet während der
Regenzeit den über sice hinströmenden Wassermassen
keinen Widerstand, sondern wird zu Tal geführt. An-
derseits vermag sie während der Trockenzeit wegen
ihrer geringen Stärke die für eine bessere Vegetation
nötige Feuchtigkeit nicht genügend aufzuspeichern. Für
die Küstenniederung ist nun die wichtige Frage die,
ob bei der in den letzten Jahrzehnten besonders hoch-
gradigen Bodenausnutzung so viel Humus nen gebildet
bzw. zugeführt wird, wie die Kulturen aufbrauchen,
und ob 6el der düngungslosen Bearbeitung des Bodens
nicht allmählich ein Defizit in seiner chemischen Zu-
sammensetzung entsteht. Tritt dieses auch nur in ge-
ringem Umfange ein, so würde es sich im Laufe der
Jahre immer mehr vergrößern und zu einer Verschlechte-
rung der Qualität der Nahrungsmittel führen. Diese
Gefahr einer Bodenverarmung auch des Küstenstreisens
und ihre Folgen scheint mir für Jap sehr naheliegenv.
Vergleichend sei darauf hingewiesen, daß auf den
zentralkarolinischen Truckinseln, die stark bevölkert sind
und eine ähnliche Bodengestaltung haben, auch die
Höhen angebaut und bewohnt sind. Aber die Leute
sind ganz brseichnenverweise dagu gekommen, Terrassen-
bauten an den Abhängen anzulegen, offenbar um die
Humusabschwemmungen dadurch zu verhindern.
Diese Bodenverarmungstheorie, die ich hier für
Jap andente, kann bewiesen oder widerlegt werden
nur durch chemische Analysen entweder des Bodens
oder, was erwünschter ist, der auf ihm wachsenden
Nahrungsmittel. Gerade jetzt sind von allen unsern
Südseebesitzungen Proben der Eingeborenennahrungs-
mittel eingefordert worden. Hoffentlich werden recht
bald greifbare Resultate nach der Richtung hin be-
kannt, wie es mit ihrem Eiweiß= und Nährsal gehalt
bestellt ist. Bodenanalysen von den Karolinen scheinen
bereits vorzuliegen, doch habe ich darüber nur die An-
gabe finden können, daß das Erdreich nicht arm an
Stickstoff und Phosphorsäure, wohl aber an K, Cn und
Ag, also den Erdsalzen sei: ein Mangel, der auch in
den Legetabilien zum Ausdruck kommen mußte.
Die Japleute sind für kräftigere Kost als wie sie
ihr Land ihnen heute bietet, sehr empfänglich, ja sie
verlangen nach ihr. Sie essen gern Reis, der leider
wegen seines hohen Preises im freien Handel (o kg
= 20 Pf.) vorläufig eine Delikatesse für sie ist. Eden-
sogern essen sie Hartbrot. Bei festlichen Gelegenheiten
wie zu Weihnachten, das als allgemeines Volksfest der
Jusel mit Tanz und Spiel in der Europäerkolonie ge-
feiert wird, werden viele hundert kleiner Brote, nach
wuropäscher Art gebacken, von der einzigen Gastwirt-
schaft der Insel an die Eingeborenen verkauft. Ich
hatte bei meiner Reisezeit auf der Insel außer einem
jungen Dolmetscher noch vier Polizeisoldaten als Be-
gleiter und Hilfe für Botengänge, beim Segeln. Ru-
dern und anderen Verrichtungen. Nach besonders an-
strengenden Tagen gestateete ich ihnen, einen Wunsch
äu äußern. Nie haben sie mich um etwas anderes
gebeten als — um Fleisch.
Ins Kapitel der Nahrungshygiene gehört die
Waschversorchungg. Sie läßt viel zu wünschen übrig.
Mit dem Bau von Brunnen in den Eingeborenen-
dörfern, jener so naheliegenden, oft erhobenen und nicht