Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXV. Jahrgang, 1914. (25)

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wenden, daß doch die Karoliner früher auch ohne ein 
solches Kraftfntter gut Lediehen sind und sich stattlich 
vermehrt haben. Gewitz, aber bei näherem Zusehen 
tritt uns doch ein einschneidender Unterschied in ihrer 
Ernährungsweise von einst und heute entgegen. Das 
A und das O ihrer ganzen Volkswirtschaft besteht in 
der Kokospalmenkultur, mit der sie wohlbertraut 
waren, und dic sic von jeber, für ihren Bedarf 
trieben. Nun kamen die fremden Händler ins Vane. 
und aus dem Hauptnahrungsmittel wurde gleichzeitig 
der Haupthandelswert, der er noch heute ist. Die 
Nachfrage nach Kopra veranlaßte sie zum Bau weit 
über den eigenen Bedarf hinaus. Zur Zeit der spani- 
schen Herrschaft wurde die Nachfrage besonders lebhaft 
und der Anreiz, Kokospalmen zu pflanzen, wurde er- 
höbt durch die beiden vielbegehrten Gegenwerte, welche 
die Spanier ins Land brachten, Schnaps und Pulver. 
Soviel sie nur konnten, pflanzten sie Palmen. Sie 
überpflanzgten dabei schließlich planlos das ganze Ge- 
biet der Insel, auf dem sie gediehen, und noch heute 
geben die um das Vier= und Fünffache zu dichten Be- 
stände Zeugnis davon. Die Folgen dieser Uber- 
pflanzung sind nicht ausgeblieben. Mit der zunehmen- 
den Zahl der Bäume sank die Möglichkeit einer inten- 
siven Pflege, wie sie einst geübt worden war, und 
dieser Mangel im UNerein mit einer übermäßigen 
Bodenausnutzung der überdichten Bestände führte zum 
Kränkeln der Palmen. Schädlinge kamen hinzu und 
fanden auf den schlecht ernährten Bäumen besonders 
gute Lebensbedingungen und sind noch jetzt nicht über- 
wunden. So sank die vorübergehend hochgetriebene 
Noprakultur tief herab. Weiter aber führten die ein- 
seitig auf Kopragewinnung gerichteten Bestrebungen 
zur Vernachlässigung der übrigen Obstkulturen und 
es Ackerbaues. Die Leute wurden eifrige Kokos- 
pflauzer aber schlechte Ackerbauer. Die Obstsorten, 
die sie meist zwischen den dichten Vatn#nbeftäldeen in 
der Nähe der Wohnungen anbauten, mußten darunter 
leiden. Es ist erstaunlich, was alles auf einem kleinen 
Stückchen Erde eines Japgartens wachsen soll. Alle 
die eingangs dieses Kapitels ausgezählten Fruchtsorten 
sieht man da gleichzeitig, und zwischen sie drängt sich 
noch die betelspendende Arekapalme, die für Herstellung 
der Grasröcke der Frauen erforderlichen Dracaen und 
die ihren Schmuck liefernden Hibislussträiucher. Es 
wäre wohl denkbar, daß alles dies gediehe, wenn 
zweierlei zuträfe: sorgfältige Pflege diel Gärten und 
keine zu dichte Pflanzweite der Kokospalmen; beides 
war der Fall in alter Zeit. Jedenfalls hat neuer- 
ds nicht nur die Qualität der Kokoskultur, sondern 
auch die vieler anderer Nahrungsmittel gelitten. 
Wir müssen aber auf Jap noch ernstlich mit einer 
zweiten Möglichkeit der Nahrungsverschlechterung 
rechnen, und zwar auf Grund einer Erschöpfung bzw. 
Verarmung des Bodens. Jap gehört zu den so- 
genannten Hochinseln, um deren hügeliges Innere sich 
ein Flachlandgürtel zieht. Dieser ist der fruchtbare 
Teil; die durch Verwitterung gebildeten Humusmassen 
werden mit den Regengüssen von den Höhen herab- 
gespült und kommen dort wenigstens teilweise zur Ab- 
lagerung, teilweise werden sie auch ins Mcr abge- 
schwemmt. Ansehnlichere Bäche gibt es bei der Kürze 
des Weges, den das Wasser bis zum Meeresufer hat, 
nicht. Es fehlen deshalb auch die „fruchtbaren Täler“. 
Ihre Rolle wird in gewissem Sinne vom Küstenflach= 
land übernommen. Dort haben wir neben dem dauernd 
sih erneuernden Humus auch das meiste Wasser, und 
o haben die Insulaner mit gutem Grund gerade auf 
löm ihre Siedelungen und Pflanzungen angelegt. Ja, 
sie belfen diesem natürlichen Vorgang der Humus= und 
Wasseranfspeicherung an vielen Orten künstlich nach, 
  
indem sie an geeigneten Abhängen Bodenvertiefungen 
schaffen, in denen Regenwasser und Humus zur Bil- 
dung von Sümpfen führt, in denen sie eine ihrer be- 
liebtesten Knollenfrüchte, den Taro, kultivieren. Es ist 
einleuchtend, daß die Möglichkeit einer Humusver- 
armung des Bodens auf den Höhenzügen gegeben ist. 
In der Tat sehen wir viele von ihnen, namentlich die 
entwaldeten, fast kahl, andere wieder nur kümmerlich 
mit Pandanns oder Steppengras bewachsen. Die des 
Haltes beraubte dünne Ackerkrume leistet während der 
Regenzeit den über sice hinströmenden Wassermassen 
keinen Widerstand, sondern wird zu Tal geführt. An- 
derseits vermag sie während der Trockenzeit wegen 
ihrer geringen Stärke die für eine bessere Vegetation 
nötige Feuchtigkeit nicht genügend aufzuspeichern. Für 
die Küstenniederung ist nun die wichtige Frage die, 
ob bei der in den letzten Jahrzehnten besonders hoch- 
gradigen Bodenausnutzung so viel Humus nen gebildet 
bzw. zugeführt wird, wie die Kulturen aufbrauchen, 
und ob 6el der düngungslosen Bearbeitung des Bodens 
nicht allmählich ein Defizit in seiner chemischen Zu- 
sammensetzung entsteht. Tritt dieses auch nur in ge- 
ringem Umfange ein, so würde es sich im Laufe der 
Jahre immer mehr vergrößern und zu einer Verschlechte- 
rung der Qualität der Nahrungsmittel führen. Diese 
Gefahr einer Bodenverarmung auch des Küstenstreisens 
und ihre Folgen scheint mir für Jap sehr naheliegenv. 
Vergleichend sei darauf hingewiesen, daß auf den 
zentralkarolinischen Truckinseln, die stark bevölkert sind 
und eine ähnliche Bodengestaltung haben, auch die 
Höhen angebaut und bewohnt sind. Aber die Leute 
sind ganz brseichnenverweise dagu gekommen, Terrassen- 
bauten an den Abhängen anzulegen, offenbar um die 
Humusabschwemmungen dadurch zu verhindern. 
Diese Bodenverarmungstheorie, die ich hier für 
Jap andente, kann bewiesen oder widerlegt werden 
nur durch chemische Analysen entweder des Bodens 
oder, was erwünschter ist, der auf ihm wachsenden 
Nahrungsmittel. Gerade jetzt sind von allen unsern 
Südseebesitzungen Proben der Eingeborenennahrungs- 
mittel eingefordert worden. Hoffentlich werden recht 
bald greifbare Resultate nach der Richtung hin be- 
kannt, wie es mit ihrem Eiweiß= und Nährsal gehalt 
bestellt ist. Bodenanalysen von den Karolinen scheinen 
bereits vorzuliegen, doch habe ich darüber nur die An- 
gabe finden können, daß das Erdreich nicht arm an 
Stickstoff und Phosphorsäure, wohl aber an K, Cn und 
Ag, also den Erdsalzen sei: ein Mangel, der auch in 
den Legetabilien zum Ausdruck kommen mußte. 
Die Japleute sind für kräftigere Kost als wie sie 
ihr Land ihnen heute bietet, sehr empfänglich, ja sie 
verlangen nach ihr. Sie essen gern Reis, der leider 
wegen seines hohen Preises im freien Handel (o kg 
= 20 Pf.) vorläufig eine Delikatesse für sie ist. Eden- 
sogern essen sie Hartbrot. Bei festlichen Gelegenheiten 
wie zu Weihnachten, das als allgemeines Volksfest der 
Jusel mit Tanz und Spiel in der Europäerkolonie ge- 
feiert wird, werden viele hundert kleiner Brote, nach 
wuropäscher Art gebacken, von der einzigen Gastwirt- 
schaft der Insel an die Eingeborenen verkauft. Ich 
hatte bei meiner Reisezeit auf der Insel außer einem 
jungen Dolmetscher noch vier Polizeisoldaten als Be- 
gleiter und Hilfe für Botengänge, beim Segeln. Ru- 
dern und anderen Verrichtungen. Nach besonders an- 
strengenden Tagen gestateete ich ihnen, einen Wunsch 
äu äußern. Nie haben sie mich um etwas anderes 
gebeten als — um Fleisch. 
Ins Kapitel der Nahrungshygiene gehört die 
Waschversorchungg. Sie läßt viel zu wünschen übrig. 
Mit dem Bau von Brunnen in den Eingeborenen- 
dörfern, jener so naheliegenden, oft erhobenen und nicht 
 
	        
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