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juristischer Klarheit. Die allgemeine Zugänglich-
keit, die Herrenlosigkeit, der Verwendungszweck,
schließlich aber die Beschränkung von Privat-
rechten durch die höhere Gewalt eines bestimmt
sich geltend machenden staatshoheitlichen Willens-
aktes — sie alle haben die Bezeichnung „öffent-
lich“ zur Folge. An einer von Natur herren-
losen — weil der Besitzergreifung im ganzen
mehr oder weniger sich entziehenden — Sache
kann jedermann in der Weise teilhaben, daß
etwaige Privatrechte — tatsächlich oder vermut-
lich — nicht geschädigt werden. Der derartige
Gebrauch dieser Sache ist also in gewisser Hinsicht
öffentlich, setzt indessen rechtlich die Nichtbeeinträch=
tigung von Privatrechten geradezu voraus.
Hierher gehören der Gemeingebrauch der Luft,
des Wassers, des Strandes usw. Wird bei
diesem Gemeingebrauch die Beeinträchtigung eines
bestehenden Privatrechts — also Vorzugsrechts —
festgestellt, so hatte nach bisheriger Rechts-
anschauung der Gemeingebrauch insoweit zurück-
äustehen.
Ganz anders das öffentliche Recht als posi-
tiver Ausdruck des Staatswillens. Es wirkt für
alle Privatrechte zwingend, einschränkend oder
beseitigend, geht ihnen also vor. Ein öffentlicher
Weg z. B. ist ein Weg, der im Interesse des all-
gemeinen Verkehrs den Einwirkungen des Privat-
rechts ganz oder in ganz bestimmtem Umfange
entzogen ist.') Im gleichen Sinne wie die
öffentlichen Wege waren aber die öffentlichen
Flüsse bisher öffentlich; die Offentlichkeit bedeutete
auch hier eine Einschränkung oder Aufhebung von
Privatrechten (auch fiskalischen) im Allgemein-
interesse, als welches sich früher ganz vorwiegend
das Interesse des allgemeinen Wasserverkehrs
(Schiffahrt, Flößerei) darstellte. Heutzutage tritt
das Allgemeininteresse nun ebenso in Gestalt der
öffentlichen Hygiene und der Volkswirtschaft auf;
diese Interessen erstrecken sich aber mehr oder
weniger auf alle Flüsse, Wasserläufe und auf
eine große Anzahl anderer Wasservorkommen.
Sie bedingen eine grundsätzliche Einschränkung
von Privatrechten durch das Allgemeininteresse
in einem früher nicht geahnten Umfang, und aus
diesem Grunde haben neuere Wassergesetze (3. B.
auch das preußische) die Beschränkung des Aus-
drucks „öffentlich“ auf bestimmte Kategorien von
Wasserläufen als gegenstandslos — mit der Wirk-
*) Die Materie der Luft unterliegt bisher dem
Gemeingebrauch und privaten Verfügungsrechten. Ein
öOffentliches Luftrecht im Sinne der Staatshoheit,
derart, daß diese gewisse Verfügungen über den Luft-
raum im Staatsinteresse unter Einschränkung von
Privatrechten und Gemeingebrauch positiv in Anspruch
nähme, bestand bisher nicht und ist erst aus Anlaß
der Entwicklung der modernen Luftschiffahrt ins Auge
gefaßt worden.
lichkeit unvereinbar — angesehen, die Bezeichnung
„öffentlich“ daher folgerichtig überhaupt fallen lassen
und die Wasserläufe nach ihrer wirtschaftlichen
Bedeutung in Ordnungen eingeteilt. Diese Ein-
teilung in drei bis vier Ordnungen (Schiffbarkeit,
sonstige größere Bedentung, Bedeutung für mehrere
Anlieger usw.) wäre auch für Süd-West zweck-
mäßig gewesen, zumal doch schon die Frage nach
wasserwirtschaftlichen Anlagen (Stauanlagen usw.)
in einem für den Schiffsverkehr geeigneten
Fluß (Kunene, Okavango) erheblich anders wird
beurteilt werden müssen als in einem anderen
großen Wasserlauf (z. B. im großen Fischfluß).
Außerdem beseitigt eine derartige Einteilung die
Grenzbestimmung von Fluß und Nichtfluß, die
unter den Wasserläufen Südwestafrikas doch äußerst
schwer zu ziehen sein dürfte.
Aus der unrichtigen, logisch und wirtschaft-
lich unhaltbaren Gestaltung des Privatrechts am
Wasser und der Beschränkung des Offentlichkeits-
begriffes auf eine bestimmte Kategorie von Ge-
wässern ergibt sich für den Entwurf konse-
quenterweise eine höchst anfechtbare Konstruktion
des sogenannten Gemeingebrauchs. Wenn es in
der Begründung heißt, daß der Gemeingebrauch
als ein öffentliches Recht zu betrachten sei, so
könnte diese Auffassung mit der diesseitigen über-
einstimmen, wenn als Sinn des Begriffs „öffent-
lich" nur ein jedermann zustehendes Recht zur
Nutzung von Teilen einer an sich herrenlosen —
d. h. dem Eigentum sich entziehenden — Materie
gemeint wäre. Das kann aber nicht der Fall
sein, da der Entwurf ja die Eigentumsfähigkeit
des Wassers und das Eigentum an der fließenden
Wasserwelle ausdrücklich anerkennt. Diese eigen-
tümliche Annahme teilt er mit dem neuen
preußischen Gesetz und weiß nun — ebenso wie
dieses — keinen Ausweg aus dem logisch-unlo-
gischen Gedränge, als den, den Gemeingebrauch,
der doch in Wirlichkeit vorhanden und wichtig
ist, als ein öffentliches Recht in üblichem Sinne
zu bezeichnen. Da nun öffentliches Recht aber
dem Privatrecht vorangeht, so wurde tatsächlich
in dem neuen preußischen Gesetz schon bei den
Kommissionsberatungen im Abgeordnetenhause eine
gewisse Beschränkung des Privatrechts durch den
Gemeingebrauch, die das bisherige Recht nicht
kannte, aufgenommen. Der Entwurf der afrika-
nischen Verordnung ist soweit nicht gegangen. Er
sagt in § 22, Abs. 2: Der Eigentümer ist nicht
verpflichtet, auf den Gemeingebrauch Rücksicht zu
nehmen, es sei denn, daß Gründe des öffent-
lichen Wohls vorliegen. Darin liegt wieder eine
Unklarheit. Der Gemeingebrauch hat rechtlich
lediglich die Vermutung der „Unschädlichkeit“
für sich. Wird er in einem konkreten Falle und
in bestimmter Richtung und Ausdehnung zur