Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXV. Jahrgang, 1914. (25)

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man sich an das Ocbjekt gehalten hat, das 
wenigstens einigermaßen angreifbar schien, an 
das Wild als mutmaßliches Reservoir der Schlaf- 
krankheit. 
Aber auch die eifrigsten Vertreter der Not- 
wendigkeit der Wildausrottung behandeln die 
Frage gegenwärtig nicht mehr ganz so dringlich. 
Von englischer Seite wurde jetzt, um für die ge- 
sährliche Rolle der Antilopen wirklich sichere Be- 
weise beizubringen, ein großer, in der Natur 
anzustellender Versuch vorgeschlagen. Das ge- 
plante Experiment wird schätzungsweise über 
1 Million Mark kosten, doch wird, soviel ich 
unterrichtet bin, die britische Regierung voraus- 
sichtlich die nötigen Mittel zur Verfügung stellen. 
Der Plan ist kurz gedrängt etwa folgender: Eine 
gut bevölkerte Schlafkrankheitsgegend in Nyassa- 
land, die sehr wildreich ist und in der sich viele 
Glossinen befinden, soll durch hohe Drahtvergatte- 
rungen in einer Ausdehnung von etwa 10 eng- 
lischen Meilen, das sind 16 km im Quadrat 
vollkommen, also auch für das Wild auf die 
Dauer von mehreren Jahren eingeschlossen werden. 
In dem Untersuchungsgebiete wird nun ein ge- 
nauer Zenfus der Bevölkerung und der Haus- 
tiere ausgenommen und die Anzahl der schlaf- 
kranken Menschen und des trypanosomenkranken 
Viehs festgestellt. Gleichzeitig wird durch ver- 
schiedene Untersuchungen der Prozentsatz der 
Glossinen ermittelt, die mit Trypanosomen in- 
fiziert sind. 
Dann wird das Wild restlos abgeschossen und 
bei der Gelegenheit die Zahl der mit Trypano-= 
somen infizierten Antilopen, Büffel, Wildschweine 
usw. festgestellt. 
Nachdem in der Zwischenzeit stets genaue 
Anfnahmen der Bevölkerung und der Haustiere 
gemacht worden sind, wird man nach einer Reihe 
von Jahren imstande sein, ein genaues Bild von 
dem Erfolg der Ausrottung des Wildes zu er- 
halten. Man wird wiederum feststellen, ob und 
wieviele Schlafkranke sich unter den Menschen 
befinden, ob und wieviele von den Haustieren 
mit Trypanosomen infiziert sind. Man wird ferner 
sehen, ob die Glossinen verschwunden sind und, 
wenn sie noch da sind, ob sie noch mit Trypano= 
somen infiziert sind. 
Ich bin durch das zu diesem riesigen Experi- 
ment in Aussicht genommene Gebiet zwischen 
Dormira Bay und Kasu Hill viermal hindurch- 
marschiert und halte es für sehr geeignet. Der 
Gouverneur von Nyassaland erklärte mir gegen- 
über den Versuch auch vom Standpunkte der Ver- 
waltung aus für durchführbar. Da sich leicht 
Fehlerquellen einschleichen können, muß natürlich 
mit allen nur möglichen Kautelen gearbeitet 
werden. Auf jeden Fall ist man dem groß- 
  
zügigen Unternehmungsgeist, aus dem der Plan 
dieses Versuches entstanden ist, Bewunderung 
schuldig. 
Auch von Bruce, Kinghorn und orke 
wird dieses Experiment für unbedingt nötig ge- 
halten, ja die Anregung dazu geht sogar von 
ihnen aus. Das wäre wohl nicht der Fall, 
wenn die von den genannten Autoren betonte 
cnorme Schädlichkeit des Wildes durch ihre 
früheren Versuche schon einwandfrei erwiesen 
wäre. Im Gegenteil hat sich ja gezeigt, daß von 
Kinghorn und Yorke in dieser Richtung ent- 
schieden zu weit gehende Schlüsse gezogen worden 
waren. "„ 
Das ist der gegenwärtige Stand der An- 
gelegenheit, und dem trägt neuerdings auch 
Fleming, der Medizinaldirektor von Südrhodesia, 
Rechnung, indem er sich zu allen diesen Fragen 
mit größter Zurückhaltung äußert. "„ 
Für unsere Kolonien dürfte es der richtige 
Standpunkt sein, wenn wir von einem in großem 
Maßstabe angelegten Plan der Wildausrottung 
absehen. Immerhin könnten, wie gesagt, einzelnc, 
besonders geeignete Fälle eintreten, in denen wir 
den Versuch zu erwägen hätten, durch das Ab- 
schießen der Antilopen in einem nicht zu großen, 
abgeschlossenen, wildreichen Palpalis-Gebiet, das 
von der Bevölkerung geräumt ist, eine voll- 
kommene Entseuchung der betreffenden Gegend 
zu erzielen. Mir ist allerdings für Deutsch-Ost- 
afrika kein Beispiel gegenwärtig, wo eine solche 
Maßnahme zur Zeit notwendig oder empfehlens- 
wert wäre, schon aus dem Grunde, weil die 
dortigen Schlafkrankheitsgegenden im allgemeinen 
nicht sehr wildreich sind. 
II. 
Die Schlafkrankheit in Katanga. 
Aus dem „Rapport sur les Travanx de la Alission 
Scientisigue du Katungn- (Uetobre 1910 à Nehtembre 
TIolz) von lbr. Dr. RBhodain, Pons, Van der Branden 
und Bequgert. , 
AusznqvonStab-Harz-l)r.Stolotv-:-kn. 
Mit Rücksicht auf die rapide Entwicklung des 
Katangagebiets entsandte das belgische Gouverne- 
ment auf Anregung des Ministers für die Ko- 
lonien eine aus vier Herren bestehende wissenschaft 
liche Expedition, an deren Spitze Dr. Rhodain, 
Leiter des Eingeborenen-Hospitals von Leopold- 
ville, stand, und die als Hauptaufgabe die Er“ 
forschung der menschlichen und tierischen Trypa- 
nosomenerkrankungen, ihrer Ausbreitung und 
Atiologie im Katangagebiet hatte. 
Die Expedition verließ Leopoldville Ende 
September 1910 und traf nach längerem Auf- 
enthalt im Manyema-Gebiet Anfang März 1911
	        
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