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sie z. B. mehrere Kilometer vom Flußufer ent-
fernt bei Dörfern gefunden, die nach dortiger
Sitte von tiefen Gräben umgeben waren, in denen
sich Wasser bis lange nach der Regenzeit hielt
und wo Ficusarten und hohes Schilf der Fliege
ausreichenden Schatten gewährten. An anderen
Orten mit Schlafkrankheit, aber ohne Palpalis,
ließen sich immer mehr oder weniger intensive Be-
ziehungen mit Palpalisgegenden, die keinesfalls
sehr weit ablagen, nachweisen. Die Erklärung
für die geringe Bedeutung der Morsitans für die
Übertragung der Schlafkrankheit suchen die Antoren
einmal in der Lebensweise der Morsitans und
dann in der Natur des Krankheitsvirus, des
Trypanosome gambiense: Die Morsitans als
Steppenfliege lebt vor allem von Tierblut. Ander-
seits ist das Trypanosoma gambiense ein speziell
an das menschliche Blut angepaßter Parasit, für
den also der Mensch das Reservoir bildet. Daher
infiziert sich in der Natur die Morsitans jedenfalls
sehr selten, da sie ja zumeist von Tierblut lebt,
während es sich mit der Palpalis gerade umgekehrt
verhält. Handelt es sich dagegen um ein Trypa-
nosoma, welches in gleicher Weise virulent für
Mensch und Tier ist, so sieht man, daß sich auch
die Morsitans ebenso leicht infiziert, da sie dann
auch im Tierblut, von dem sie ja vorzugsweise
lebt, ein Reservoir des betreffenden Trypanosoms
findet (Trypanosoma rhodesiense).
Die Kommission suchte auch durch Labora-
toriumsversuche diese Frage zu klären. Zu diesen
Versuchen wurden ausschließlich nach der Methode
Kleinc-Taute aus der Puppe gezüchtete Morsitans
verwandt. Es ergab sich, daß in Sankisia,
30 kmm östlich vom Lualaba, auf 9° 6' südl. Breite
und 750 m Meereshöhe, das Trypanosoma gam-
biense seine Entwicklung in der Morsitans voll-
enden und von letzterer auf empfängliche Tiere
übertragen werden kann. Im ganzen wurden
294 Morsitans in verschiedenen Serien an mehr
oder weniger Trypanosoma gambiense reichem
Blut geflüttert. Von diesen sind 177 länger als
40 Tage am Leben geblieben, nur drei davon
waren infektiös geworden und hatten die Krank-
heit durch Stich weiter übertragen, was einem
Prozentsatz von 1,7 v. H. entspricht. Diese In-
fektionen waren nur in einer Serie von 83 Fliegen
vorgekommen, die trypanosomenreicheres Blut von
Meerkatzen gesogen hatten. Auf 63 Uberlebende
dieses Experimentes berechnet, betrug der Prozent-
satz 4,7 v. H., was ungefähr der von Kleine
und Taute in ihren ersten Palpalis-Ubertragungs-
versuchen gefundenen Ziffer entspricht und fast
genau mit den von Kinghorn und Norke für
Trypanosoma rhodesiense und Morsitans fest-
gestellten Zahlen übereinstimmt. Zwischen der in-
fizierenden Blutmahlzeit und dem Auftreten der
Infektionstüchtigkeit verflossen in zwei Fällen 30
bis 35 Tage, in einem Falle 24 Tage. Diese
Resultate stimmen also mit jenen von Taute am
Tanganjika gefundenen überein und bestätigen,
daß im Laboratoriumsversuch die Morsitans das
Trypanosoma gambiense übertragen kann. Trotß=
dem glauben die Antoren, wie schon erwähnt,
nicht an eine aktive Rolle der Morsitans in der
Epidemiologie der Schlafkrankheit im Katanga-
ebiet.
Bekanntlich betrachteten Bruce und seine
Mitarbeiter jene Trypanosomenformen, die in den
Speicheldrüsen erscheinen, als die Endstadien des
Entwicklungsganges im Fliegenleibe, desgleichen
später Roubaud, der diese Formen als »Try—
panosomes salivaires: bezeichnete und als die
allein infektionstüchtigen ansah, die beim Stich
das Wirtstier infizieren könnten. Durch eine sinn-
reiche Versuchsanordnung, die im Prinzip darin
bestand, daß man Blut in einem Glaszylinder
unter einem gewissen, sehr geringen Druck hielt
und durch eine dünne Tiermembran absaugen
ließ, gelang es, Morsitans mit Blut ex vitro zu
füttern. Nach dem Saugakt wurde das Blut nach
mehrfachem Zentrifugieren auf Trypanosomen
untersucht und dabei die fkformes Ssalivaires
Roubauds gefunden, die also beim Saugakt ins
Blut entleert sein mußten. Überimpfen des Boden--
satzes erzeugte bei der Maus eine Nagana-In=
fektion nach sechs Tagen. Die Autoren schließen
hieraus auf die Richtigleit der Ansicht Bruces
und Roubands bezüglich der alleinigen Infektiosität
der sogenannten „formes salivairesé. Drei ähn-
liche Versuche mit Trypanosoma gambiense-infi=
zierten Morsitans mißlangen und sollten wieder-
holt werden.
Als prophylaktische Maßregeln zur Be-
kämpfung der Schlafkrankheit im Katanga-
gebiet schlägt die Expedition vor:
1. Schutz der Bevölkerung vor den Glossinen
durch Verlegen der Dörfer in glossinenfreie Ge-
genden oder durch Vertreiben der Glossinen durch
Abholzen, je nachdem das eine oder andere den
örtlichen Verhältnissen entsprechend rationeller
erscheint.
2. Verhinderung der Infektion der Glossinen,
was theoretisch durch Isolieren der Kranken und
Sterilisieren der Trypanosomenträger durch ge-
eignete Behandlung geschehen kann.
3. Obwohl die Kommission in keinem Falle
das Trypanosoma rhodesiense nachweisen konnte,
empfiehlt sie mit Rücksicht auf die ubiquitäre Mor-
sitans und den regen Arbeiter= und Händler=
verkehr mit Rhodesien eine scharfe Grenzbewachung
und Kontrolle, die nur mit Gesundheitspässen von
englischen Behörden versehenen Personen das
UÜberschreiten der Grenze an bestimmten Grenz--