Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXV. Jahrgang, 1914. (25)

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sie z. B. mehrere Kilometer vom Flußufer ent- 
fernt bei Dörfern gefunden, die nach dortiger 
Sitte von tiefen Gräben umgeben waren, in denen 
sich Wasser bis lange nach der Regenzeit hielt 
und wo Ficusarten und hohes Schilf der Fliege 
ausreichenden Schatten gewährten. An anderen 
Orten mit Schlafkrankheit, aber ohne Palpalis, 
ließen sich immer mehr oder weniger intensive Be- 
ziehungen mit Palpalisgegenden, die keinesfalls 
sehr weit ablagen, nachweisen. Die Erklärung 
für die geringe Bedeutung der Morsitans für die 
Übertragung der Schlafkrankheit suchen die Antoren 
einmal in der Lebensweise der Morsitans und 
dann in der Natur des Krankheitsvirus, des 
Trypanosome gambiense: Die Morsitans als 
Steppenfliege lebt vor allem von Tierblut. Ander- 
seits ist das Trypanosoma gambiense ein speziell 
an das menschliche Blut angepaßter Parasit, für 
den also der Mensch das Reservoir bildet. Daher 
infiziert sich in der Natur die Morsitans jedenfalls 
sehr selten, da sie ja zumeist von Tierblut lebt, 
während es sich mit der Palpalis gerade umgekehrt 
verhält. Handelt es sich dagegen um ein Trypa- 
nosoma, welches in gleicher Weise virulent für 
Mensch und Tier ist, so sieht man, daß sich auch 
die Morsitans ebenso leicht infiziert, da sie dann 
auch im Tierblut, von dem sie ja vorzugsweise 
lebt, ein Reservoir des betreffenden Trypanosoms 
findet (Trypanosoma rhodesiense). 
Die Kommission suchte auch durch Labora- 
toriumsversuche diese Frage zu klären. Zu diesen 
Versuchen wurden ausschließlich nach der Methode 
Kleinc-Taute aus der Puppe gezüchtete Morsitans 
verwandt. Es ergab sich, daß in Sankisia, 
30 kmm östlich vom Lualaba, auf 9° 6' südl. Breite 
und 750 m Meereshöhe, das Trypanosoma gam- 
biense seine Entwicklung in der Morsitans voll- 
enden und von letzterer auf empfängliche Tiere 
übertragen werden kann. Im ganzen wurden 
294 Morsitans in verschiedenen Serien an mehr 
oder weniger Trypanosoma gambiense reichem 
Blut geflüttert. Von diesen sind 177 länger als 
40 Tage am Leben geblieben, nur drei davon 
waren infektiös geworden und hatten die Krank- 
heit durch Stich weiter übertragen, was einem 
Prozentsatz von 1,7 v. H. entspricht. Diese In- 
fektionen waren nur in einer Serie von 83 Fliegen 
vorgekommen, die trypanosomenreicheres Blut von 
Meerkatzen gesogen hatten. Auf 63 Uberlebende 
dieses Experimentes berechnet, betrug der Prozent- 
satz 4,7 v. H., was ungefähr der von Kleine 
und Taute in ihren ersten Palpalis-Ubertragungs- 
versuchen gefundenen Ziffer entspricht und fast 
genau mit den von Kinghorn und Norke für 
Trypanosoma rhodesiense und Morsitans fest- 
gestellten Zahlen übereinstimmt. Zwischen der in- 
fizierenden Blutmahlzeit und dem Auftreten der 
  
Infektionstüchtigkeit verflossen in zwei Fällen 30 
bis 35 Tage, in einem Falle 24 Tage. Diese 
Resultate stimmen also mit jenen von Taute am 
Tanganjika gefundenen überein und bestätigen, 
daß im Laboratoriumsversuch die Morsitans das 
Trypanosoma gambiense übertragen kann. Trotß= 
dem glauben die Antoren, wie schon erwähnt, 
nicht an eine aktive Rolle der Morsitans in der 
Epidemiologie der Schlafkrankheit im Katanga- 
ebiet. 
Bekanntlich betrachteten Bruce und seine 
Mitarbeiter jene Trypanosomenformen, die in den 
Speicheldrüsen erscheinen, als die Endstadien des 
Entwicklungsganges im Fliegenleibe, desgleichen 
später Roubaud, der diese Formen als »Try— 
panosomes salivaires: bezeichnete und als die 
allein infektionstüchtigen ansah, die beim Stich 
das Wirtstier infizieren könnten. Durch eine sinn- 
reiche Versuchsanordnung, die im Prinzip darin 
bestand, daß man Blut in einem Glaszylinder 
unter einem gewissen, sehr geringen Druck hielt 
und durch eine dünne Tiermembran absaugen 
ließ, gelang es, Morsitans mit Blut ex vitro zu 
füttern. Nach dem Saugakt wurde das Blut nach 
mehrfachem Zentrifugieren auf Trypanosomen 
untersucht und dabei die fkformes Ssalivaires 
Roubauds gefunden, die also beim Saugakt ins 
Blut entleert sein mußten. Überimpfen des Boden-- 
satzes erzeugte bei der Maus eine Nagana-In= 
fektion nach sechs Tagen. Die Autoren schließen 
hieraus auf die Richtigleit der Ansicht Bruces 
und Roubands bezüglich der alleinigen Infektiosität 
der sogenannten „formes salivairesé. Drei ähn- 
liche Versuche mit Trypanosoma gambiense-infi= 
zierten Morsitans mißlangen und sollten wieder- 
holt werden. 
Als prophylaktische Maßregeln zur Be- 
kämpfung der Schlafkrankheit im Katanga- 
gebiet schlägt die Expedition vor: 
1. Schutz der Bevölkerung vor den Glossinen 
durch Verlegen der Dörfer in glossinenfreie Ge- 
genden oder durch Vertreiben der Glossinen durch 
Abholzen, je nachdem das eine oder andere den 
örtlichen Verhältnissen entsprechend rationeller 
erscheint. 
2. Verhinderung der Infektion der Glossinen, 
was theoretisch durch Isolieren der Kranken und 
Sterilisieren der Trypanosomenträger durch ge- 
eignete Behandlung geschehen kann. 
3. Obwohl die Kommission in keinem Falle 
das Trypanosoma rhodesiense nachweisen konnte, 
empfiehlt sie mit Rücksicht auf die ubiquitäre Mor- 
sitans und den regen Arbeiter= und Händler= 
verkehr mit Rhodesien eine scharfe Grenzbewachung 
und Kontrolle, die nur mit Gesundheitspässen von 
englischen Behörden versehenen Personen das 
UÜberschreiten der Grenze an bestimmten Grenz--
	        
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