Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXV. Jahrgang, 1914. (25)

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folgender Narbenkontraktion. 
tritt Heilung ein. 
Auch der Beinbruch — kunateneka — wird, 
wenigstens bei jüngeren Tieren, zu heilen versucht, 
und zwar handelt es sich fast immer um Brüche 
des Metacarpus und Metatarsus. Fünf bis sieben 
je etwa 25 cm lange und auf der Unterseite ab- 
geflachte Holzstäbe werden durch frische Bastfäden 
miteinander oben, unten und in der Mitte fest 
verschnürt und ringförmig um den gebrochenen 
Knochen geschient. In drei Fällen konnte ich 
mich von einer tadellosen Heilung innerhalb neun 
Wochen persönlich überzeugen. 
Die Kastration — nsjiko — ist wohl die am 
häufigsten ausgeführte Operation. Sie wird an 
Bullen, Schaf= und Ziegenböcken vorgenommen, 
und zwar zu Beginn der Trockenzeit. Beim Ka- 
strieren werden die Bullen abgeworfen, sämtliche 
Beine miteinander festgebunden und das Tier auf 
den Rücken gelegt. Dann wird der Hodensack 
von einem Mann nach hinten herausgezogen und 
mit beiden Händen so gefaßt, daß die Hodensack- 
spitze freiliegt. Diese wird von dem Kastrierer 
in Talergröße abgeschnitten. Die Hoden werden 
sodann einzeln herausgedrückt bzw. gezogen und 
der Samenstrang möglichst weit nach oben glatt 
durchgeschnitten. Nach jedesmaligem Entfernen 
des Hodens werden zwei Fliegen, die auf der 
Hand des Operateurs oder auf der Operations-= 
wunde gefangen sein müssen, zerquetscht und in 
dem leeren Hodensack verrieben. Sie sollen Eite- 
rungen verhüten. Gegen Nachblutungen wird 
von dem Kastrierer eine Wurzel zerkaut und in 
den Hodensack gespien. Hierauf wird dieser sowie 
Bauch und Innenfläche der Oberschenkel dicht 
mit Holzasche bestreut. Als Instrumente dienen 
zum Offnen des Hodensackes ein etwas konkav 
gebogenes, zum Durchschneiden der Samenstränge 
ein zweischneidiges Messer (Abild. 1). Die ab- 
geschnittene Hodensackspitze sowie die Hoden werden 
zerkleinert und bilden, mit Milch, Honig und 
Mehl vermischt, einen sehr geschätzten Leckerbissen, 
der nur von Männern genossen werden darf und 
eine Erhöhung der Zeugungskraft bewirken soll. 
Die Kastration der Schaf= und Ziegenböcke 
wird am stehenden Tiere ausgeführt. Der Kastrierer 
kniet hinter dem Tiere und zieht dessen Hodensack 
durch einen Bogen so durch, daß der Hodensack 
auf dem Holz des Bogens aufliegt. Dann folgt 
eine Vierteldrehung des Bogens nach hinten und 
unten mit fest angedrückter Bogensehne, welche 
auf diese Weise die Lage des Hodensackes fixiert. 
Hierauf werden die Samenstränge durch gleich- 
mäßig starkes Klopfen mit einer Holzkeule zer- 
trümmert. Durch Abtasten mit den Zähnen stellt 
der Kastrierer die genügende Zertrümmerung fest. 
Eine gekaute Wurzel wird auf die Quetschstelle 
Nach drei Wochen 
  
gespien und verrieben, um starke Schwellung 
und andere böse Folgen zu verhindern. 
Bewundernswert ist die Kenntnis der Wania- 
turn in der Geburtshilfe — ukuruta — und 
deren Begleit= und Nacherscheinungen. 
Bei der noch immer zu großen Anzahl der 
Bullen in der Herde wird ein brünstiges Rind 
naturgemäß zu oft besprungen, meist so lange, bis 
es erschöpft zusammenbricht. Um diesem übel- 
stande abzuhelfen, wird die Scheide eines so ver- 
folgten Rindes ein= bis zweimal mit glühendem 
Speer horizontal gebrannt. Nach Ansicht der 
Eingeborenen hält der Brandgeruch sowie die er- 
folgte Schwellung der Scheide den Bullen vom 
Sprung ab, was ich nach eigenen Beobachtungen 
bestätigen kann. 
Wird ein Rind nicht trächtig, konzipiert vor 
allem ein Jungrind nicht — ukukola —, so 
geht der Sachverständige mit gereinigtem und 
eingefettetem Arm vorsichtig in die Scheide ein, 
entfernt den meist am Muttermund sitzenden 
Schleimpfropfen und führt bohrende Bewegungen 
mit dem Finger aus. 
Im allgemeinen sind Schwergeburten selten, 
aber selbst vor der Embryotomie — ikukita — 
schreckt der Sachverständige nicht zurück. Handelt 
es sich während einer Geburt um Wehenschwäche, 
so wird dem Tiere in die Nasenlöcher ein die 
Schleimhaut stark reizendes Wurzelpulver ge- 
blasen, welches heftiges Niesen auslöst und damit 
auf die Bauchpresse wirkt. Einer regelrechten 
Embryotomie konnte ich gelegentlich selbst bei- 
wohnen. Das Kalb lag mit dem Kopfe und dem 
linken Vorderbein im Geburtsweg, das rechte 
Vorderbein war über dem Nacken hinweg nach 
links geschlagen. Da dieser Zustand bereits einige 
Stunden gedauert hatte, und Versuche, das Kalb 
zu entwickeln, von dem Bejitzer selbst gemacht 
worden waren, das Fruchtwasser abgegangen und 
der Geburtsweg trocken war, so war ein Zurück- 
bringen des Kalbes unmöglich. Der gerufene 
Sachverständige entledigte sich seiner Armspangen 
und sonstiger Zierate und machte mit Hilfe eines 
langhalsigen Flaschenkürbisses zunächst einen Wasser- 
einlauf. Mit eingefettetem Arm ging er dann 
ein, seilte das linke Vorderbein an und trennte 
es von dem Körper. In einer knappen halben 
Stunde war das Kalb entwickelt. Als Instru- 
ment benutzte er ein kleines konkav gebogenes 
Messer (Abbild. 3), das er bequem in seiner Hand 
verbergen konnte. Das Messer ähnelt vollkommen 
unseren in der Geburtshilfe gebräuchlichen Em- 
bryotomen. 
Auch der Uterus-Vorfall wird behandelt — 
ukuzokia —, nach den Aussagen der Eingebo- 
renen selten erfolglos. Der vorgefallene Teil der 
Gebärmutter am stehenden Tier wird mit warmem
	        
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