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Die ihm gegenüber befindlichen deutschen Streit-
kräfte hatten sich am Pforteberg, hart nördlich
der Bahn Swakopmund— Karibib, sowie südöstlich
davon beim Riet am Swakopfluß seinem
Vormarsch entgegengestellt. An beiden Punkten
ist es am 20. März zu äußerst erbitterten Kämpfen
gekommen, die einen für die deutschen Abteilungen
ungünstigen Verlauf gehabt haben sollen.
Hierüber läßt sich aus den einzelnen, etwas
verschieden lautenden englischen Berichten fol-
gendes entnehmen:
Botha entsandte von Husab aus in der Nacht
zum 19. März die eine Hälfte der 2. Brigade
unter Kommandant Collins in der Richtung nörd-
lich Pforteberg, die andere Hälfte am 19. unter
Oberst Alberts auf Pforteberg mit dem Befehl,
die dortige deutsche Stellung anzugreifen. Botha
selbst rückte am gleichen Tage mit der 1. Brigade
unter Oberst Brits auf Riet vor. Dem Kom-
mandanten Collins soll es nun gelungen sein,
den Deutschen die Eisenbahnverbindung abzu-
schneiden und einen Eisenbahnzug fortzunehmen,
jedoch soll er wiederum nicht imstande gewesen
sein, die Deutschen aus ihrer Stellung zu werfen.
Erst mit dem Eingreifen der anderen Hälfte der
Brigade am Morgen des 20. soll sich nach einem,
bis zum Nachmittage 3 Uhr dauernden Gefecht
die etwas über 200 Mann starke deutsche Be-
satzung ergeben haben. Der Angriff auf die
deutsche Stellung bei Riet, die sich mit dem linken
Flügel an das Bett des Swakop anlehnte, und
vor der sich ein offenes Gelände von etwa 700 m
Tiefe befand, begann am 20. März früh. Der
Kampf dauerte bis zum späten Abend und endete
angeblich mit dem Rückzug der deutschen Abteilung,
die 8 Tote und 8 Verwundete zurückließ.
Über den Verlauf dieses Gesechtes gibt ein,
hier am 29. März bekannt gewordener Reuter-
bericht aus Swakopmund folgende Darstellung:
„Obschon die Erbeutung von Geschützen und die
meiste Gefangennahme in dem Raume an dem Bahn-
hof Pforte und der Barens--Grube stattgefunden
hat, haben sich auch Küämpfe bei Riet auf einem Ge-
lände abgespielt, wo der Feind natürliche starke
Stellungen besetzt bielt, die noch durch umfangreiche
Erdwerke verstärkt waren und auf das Vorhaben eines
längern Widerstandes hindenteten. Es waren Ver-
schauzungen auf eine Breite von mehreren Meilen an-
gelegt. Die Deutschen waren anscheinend von der Un-
einnehmbarkeit ihrer Stellung so sehr durchdrungen,
daß die bei Pforte gefangengenommenen Offiziere sich
zu glauben weigerten, daß Riet in britische Hände ge-
fallen sei. In Riet waren die deutschen Geschütge
hinter großen Granitklippen verdeckt aufgestellt, hatten
jadoch wenig Wirkung, wogegen die Transvaaler
Artillerie bald eingeschossen war und mit moörderischer
Sicherheit die deutschen Batterien zerstörte, so daß
diese mehrfach anders anfgestellt werden mußten.
Eine unserer Granaten, heißt es weiter, schoß ein
Manltiergespann, das einen Protzkasten zog, kopfüber
zusammen. Später wurden an der Stelle mehrere
Leichen aufgelesen. Zwei andere ganz volle Prot=
kästen fielen ebenfalls in unsere Hand. Der Feind
wurde gänzlich in die Flucht geschlagen und räumte
unter dem Schutz der Dunkelheit eiligst seine Stellungen.
Während seines Abzugs ließ er mehrere Wagen-
ladungen, Schiesjvorräte und anderes in die Luft
fliegen. Den Weg, den er abgog, fand man am andern
Tage bestreut mit weggeworfenen Mänteln. Wasser-
flaschen, Tornistern und andern Ausrustungsstücken der
JInfanterie. Auf den Lagerplätzen der Insanteristen
und Artilleristen sand man die Sachen der Mann-
schaften noch unausgepackt, daneben eine Anzahl Zettel
(Zelte2), Unterteile von Geschütnzn, tausend Decken, voll-
ständige Packsättel mit Zubehör, är tliche Gegenstände,
Hafersäcke, neues Manltierzeug, Kästen mit Geräten
für Feldschmieden. Sattlerwerkzeug und schließlich einen
ganzen Lazarettwagen mit Instrumenten. Zu erwähnen
ist auch noch eine Wagenladung anderer Vorräte nobst
zwei Apparaten für Sonnentelegraphie und ein Apparat
für dad Abschießen von Leuchtraketen. Aus brennenden
Wagen wurden mehrere tausend Patronenpakete gerettet.
Bis jett sind acht Leichen von Demschen gesunden
worden. Außerdem fielen uns acht Verwundete und
80 Gefungene in die Hände. Die Verluste der Deutschen
auf dem gesamten Kampfgelände haben im ganzen über
300 Mann betragen, demnach mehr als ein Drittel der
von den Demschen ins Feuer geführten Truppen.=
Diese großartig aufgemachte Schilderung kann
man zunächst mit einem Fragezeichen versehen.
Eine Abteilung, die einen überlegenen Feind
einen ganzen Tag aufhält und dabei nur 8 Tote
und ebensoviele Verwundete einbüßt, verläßt den
Kampfplatz nicht in so regelloser Flucht, wie es
hier geschildert wird.
Merkwürdig hört es sich auch an, daß die
durch das mörderische Feuer der Transpaal=
Artillerie zerstörten deutschen Batterien an anderer
Stelle wieder aufgebaut werden konnten, und daß
unter den angeblich weggeworfenen Ausrüstungs-
stücken auch Tornister aufgeführt werden, die die
Schutztruppe in Südwestafrika überhaupt nicht
besitzt.
Die deutschen Gesamtverluste bei Pforte und
Riet werden auf 300 Mann angegeben. Da hinzu-
gefügt wird, daß diese Verluste über ein Drittel
der ins Gefecht geführten Truppen ausmachten,
so können wir daraus — die Richtigkeit der An-
gaben vorausgesetzt — auf eine deutsche Gesamt-
stärke von rund 1000 Mann schließen, die den
zwei Brigaden Bothas einen recht erheblichen
Widerstand geleistet haben. Die Engländer geben
ihre Verluste auf 13 Tote, 36 Verwundete und
43 Vermißte an. Unter letzteren dürften doch
wohl Gefangene zu verstehen sein. Also scheint
es dem „xfluchtartig“ zurückgegangenen Verteidiger
doch dabei noch gelungen zu sein, auch Gefangene
zu machen.
Wie bereits erwähnt, sollen die Streitkräfte
Bothas am 2. Mai Otjimbingwe erreicht haben.
Das Gefecht bei Pforte und Riet fand am
20. März statt. Mithin haben die Bothaschen