Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVIII. Jahrgang, 1917. (28)

W 75 20 
bracht worden. In Nordafrika waren sie, mit 
Ausnahme der Offiziere und Arzte, die in Medea 
(Algier) gefangengesetzt wurden, in den Lagern 
in Casablanca und Mediounna (Marokko) unter- 
gebracht. Die Anderungen gegenüber ihrer Lage 
in Dahomey bestanden im wesentlichen darin, daß 
die klimatischen Verhältnisse an sich in Nordafrika 
günstiger waren und Beschimpfungen und Miß- 
handlungen durch Schwarze nicht vorkamen. 
Im übrigen entsprachen aber Verpflegung, Be- 
handlung und ärztliche Versorgung nicht den An- 
sforderungen, welche billigerweise für die in ihrer 
Gesundheit geschädigten Kolonialgefangenen gestellt 
werden konnten. Die Schweizer Kommission, die 
in den Monaten Dezember 1915 und Jannar 1916 
die Gefangenenlager besuchte, hielt die Verbringung 
sämtlicher deutschen Gefangenen nach Frankreich 
für notwendig. Eine Schweizer Arztekommission, 
die im März 1916 folgte, erreichte, daß einzelne 
Kolonialdeutsche im Laufe der Monate April und 
Mai 1916 nach Frankreich und nach der Schweiz 
gebracht wurden. Schließlich setzte die deutsche 
Regierung Mitte des Jahres 1916 die Räumung 
aller nordafrikanischen Lager durch, infolgedessen 
auch die Kolonialdentschen nach Frankreich ver- 
bracht wurden. 
Währenddessen war zwischen der deutschen und 
französischen Regierung ein Abkommen getroffen 
worden, das beim Vorhandensein bestimmter 
Krankheiten die Hospitalisierung der gegenseitigen 
Kriegs= und Zivilgefangenen in der Schweiz vor- 
sieht. Gemäß diesem Abkommen war im Monat 
November 1916 eine Schweizer Arztekommission in 
Frankreich tätig, um u. a. sämtliche Kolonial- 
deutschen in den Gefangenenlagern auf die Not- 
wendigkeit der Hospitalisierung in der Schweiz zu 
untersuchen. Da so gut wie jeder dieser Gefangenen 
infolge des langen, der Gefangenschaft vorauf- 
gegangenen Tropenaufenthalts und der in fast 
zweijähriger Tropengefangenschaft ausgestandenen 
körperlichen und seelischen Leiden tropische Krank- 
heitskeime in sich trägt und in seiner Gesundheit 
zerrüüttet ist, so war, besonders auch nach bestimmten 
von Frankreich gegebenen Zusagen, die Erwartung 
begründet, daß wenigstens der größere Teil der 
Kolonialdeutschen Ende des Jahres 1916 zur 
Hospitalisierung in der Schweiz eintreffen würde. 
Diese Erwartung ist nicht in Erfüllung gegangen. 
Nur 7 von ihnen kamen im Dezember 1916 in 
der Schweiz an. Etwa 380 werden noch jetzt in 
Frankreich festgehalten. 
Leider lauten die Nachrichten, die über ihren 
Gesundheitszustand und ihre sonstige Lage hier 
vorliegen, nicht günstig. Auch der französischen 
Regierung ist bekannt, daß diese Gefangenen so- 
lange immer von tropischen Krankheiten heim- 
gesucht werden, bis sie durch sachgemäße ärztliche 
  
Behandlung in geeigneten Kurorten endgültig aus- 
geheilt worden sind. 
Das mit Frankreich getroffene Abkommen ist 
von diesem nicht immer innegehalten worden. 
Trotzdem hat die deutsche Regierung noch ein- 
mal den gütlichen Versuch gemacht, bei der fran- 
zösischen Regierung zu erwirken, daß sämtliche noch 
in Frankreich befindlichen Kolonialdentschen im 
Austausch mit einer entsprechenden Anzahl Kolonial- 
franzosen nach der Schweiz verbracht werden. 
Sollte dieser Versuch nicht zum Ziele führen, so 
werden deutscherseits andere Maßnahmen zu er- 
greifen sein. 
Über die den deutschen Kolonialgefangenen 
aus Kamerun und Togo von den Franzosen in 
Dahomey zuteil gewordene ganz unerhörte, an 
die Zeilen äußersten Tiefstandes der Kultur ge- 
mahnende Behandlung wird seitens des Reichs- 
Kolonialamts eine besondere Denkschrift veröffent- 
licht werden. 
75 
IV. Südwestafrika. 
(Hierzu zwei Kartenslizgen.) 
Die kriegerischen Ereignisse in Südwestafrika 
sind seit langem zum Abschluß gekommen. Sie 
endeten am 9. Juli 1915 mit der Kapitulation 
der noch etwa 3100 Mann starken Schutztruppe 
vor der erdrückenden feindlichen Übermacht bei 
Khorab im Norden des Schutzgebiets. 
Alles was in den früheren, im „Deutschen 
Kolonialblatt“ veröffentlichten Mitteilungen über 
den Verlauf des Krieges in Südwestafrika gesagt 
werden konnte, beruhte zum weitaus größten Teil 
auf feindlichen Berichten. Die spärlichen und 
vielfach nur bruchstückweise auf funkentelegraphi- 
schem Wege eintreffenden Meldungen des Gouver= 
neurs konnten ein klares Bild der Lage nicht 
erkennen lassen. Auch die Mitteilungen einzelner 
seither ans Südwestafrika zurückgekehrter Personen 
konnten zu einer umfassenden Darstellung Über 
den Verlauf der kriegerischen Ereignisse nicht 
verwertet werden. 
Es ist daher sehr zu begrüßen, daß vor 
einiger Zeit durch einen glücklichen Zufall ein 
Bericht über den Krieg in Südwestafrika nach 
Deutschland gelangt ist, der es uns ermöglicht, 
uns eine Vorstellung von dem Verlauf desselben 
zu machen, und der uns zeigt, welche Schwierig- 
keiten sich den schwachen Kräften der Schutztruppe 
bei ihrem Versuche, das Land gegen den wohl 
um das Zehnfache überlegenen Gegner zu halten, 
entgegenstellten. 
Der Bericht ist zwar bereits unter dem Titel: 
„Deutsch-Südwest und der Weltkrieg“ in der
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.