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nach Rehoboth erst an die Bahn kamen, als Windhu!
bereits vom Feinde besetzt war, hatten Graf Saurma
und Hensel bei dem gefährlichen Bogenmarsch um
Windhuk herum nur einen Teil der unberittenen
4. Kompagnie verloren, der mit einigen Ochsenwagen
vom Feinde überholt und gefangengenommen wurde.
Die letzte Hauptstellung sollte bei Kilometer 514 der
Otavibahn eingenommen werden. Das südlich 14 km
vorliegende Otavifontein wurde durch die Abteilung
Ritter besetzt und war als Vorpostenstellung gedacht,
die jedoch, weil der Platz des Wasserreichtums wegen
wichtig war, nur unter Kämpfen geräumt werden
sollte. Die Abteilung sollte in diesem Teil einen
vorher angewiesenen Abschnitt der Hauptstellung be-
si . Die Sicherung der linken Flanke wurde der
Abteilung Kleist übertragen, die von Waterberg über
Eiere und Rietfontein auf Ghaub zurückgehen sollte.
Grootsontein war otgedrungen militärisch aufgegeben
worden, nur ein Lagarett blieb dort, in das die
Schwerkranken abgeschoben wurden. Auch der Typhus
hatte die Truppe nicht völlig verschont, wenn er auch
bei weitem nicht so schlimm auftrat, wie in dem
großen Aufstand 1904. Die Stellung bei Kilometer
514 war, falls man die Flanken sichern konnte, be-
berrschend und sehr stark. Sie hatte aber einen
groszen Nachteil, der indes in Kauf genommen werden
mußte, weil es eine bessere nicht gab, und das war
die Schwierigkeit der Wasserbeschaffung. Das nächste
Wasser weiter rückwärts lag bei Kilometer 520 der
Staiion Khorab selbst. Man hatte nun beabsichtigt,
auf Kilometer 514 Wasser durch eine Bohrmaschine
und mehrere Brunnen, die man abteufen ließ, zu
beschaffen, wollte auch von Tsumeb her das uner-
schöpfliche Wasser der dortigen Grube mit der Bahn
heranschaffen und so nüctzlich machen. Wie sich heraus-
stellte, lieferten weder die Brunnen noch die Bohrung
Wasser, letzten Endes reichte die Zeit nicht aus, tief
genug zu geben, sonst hätte die Börunn vielleicht
Wasser ergeben
Ins Auge gefaht hatte man auch die Möglich-
leit eines weitern Zurückgehens über Tsumeb nach
Namuntoni und insofern dafür Vorsorge getroffen,
als man bereits Proviant und Munition nach Namn-
loni befördert und am Otjikotosee 200 Ochsenwagen
zu weiterem Transport bereitgestellt hatte. Tsumeb
selbst hätte dann aufgegeben werden müssen, weil cs
sich seiner Lage nach zu einer Verteidigung nicht
eignele. Die letzte Absicht war, wenn es sein mußte,
auch über Namutoni hinaus in das Ovamboland
auszuweichen.
Der Gegner setzte aber unn seinen letzten Vor-
stoß nach Norden, von Omarurn und Okahandja
ausgehend, in einer Weise an, wie wir es nach den
bisherigen Erfahrungen nicht hatten erwarten können.
Entgegen seiner frühern Gewohnheit machte er sich
diesmal vollständig frei von dem mit der Bahn heran-
geführten Nachschub an Verpflegung usw. — tatsäch-
lich hat er z. B. die gesprengte Brücke bei Otjiwarongo,
von der feindlichen Basis aus gerechnet 120 km vor
Otavi, 190 km vor Tsumeb, über 300 km vor Namu-
toni (bei einem Marsch über Outjo—Okaukueso) ent-
sernt, auch erst nach der Kapitulation von Khorab
wiederherstellen können, konnte daher die Otavibahn,
an der alle wichtigen Brücken von Etiro ab, darunter
die Omaruru-Brücke, gesprengt waren, bei seinem
Vorstoß nach Norden nicht benutzen — und verließ
sich hinsichtlich der Verpflegung von 25 000 Mann
oder noch mehr einzig und allein auf seinen ge-
waltigen Park an Automobilen aller Art und für
jeden Zweck und an andern von tadellosen Gespannen
gezogenen Fuhrwerken. Einer solchen Beweglichkeit
Outjo, Okankuejo nach Namutoni.
gegenüber war allerdings die Schutztruppe mit ihren
langsamen schweren Ochsenwagen, ihren aus Mangel
an Kraftfutter beig g
völlig niedergebrochenen Tieren ohnmächtig. Be-
sonders war nicht daran zu denken, daß sie einem
so beweglichen Gegner weiter nach Norden hätte
ausweichen können, weil sie dann ihren letzten Vor-
teil, die Otavibahn als Zentralverkehrsstrang der
Stellung, hätte aufgeben müssen.
Die linke Kolonne unter dem Buren Britz.
etwa 4000 Mann stark, marschierte über Omaruru,
Sie hatte, nur
von Omaruru aus gerechnet, über 400 km Anmarsch.
Sie fand dabei so gut wie keinen Widerstand, da
man ihr einfach nichts entgegenzustellen hatte und
sich darauf verlassen mußte, daß sie die ungeheure
Strecke bei teilweise ungünstigen Wasterverhältniifen
nicht so rasch werde bewältigen können. Sie hat
aber die Entfernung Outjo —Namutoni. 244 km, mit
einem Heuschreckenschwarm von Autos nach der Be-
hauptung feindlicher Chauffente in zwei Tagen zurück-
gelegt. Die mittlere Kolonne, etwa 15500 Mann.
unter Botha selbst, ging auf den Wegen linkes
und rechts der Otavibahn von Omarurn bis Otavi.
260 km, vor, ging dann nach Otavifontein und griff
dort die Abteilung Ritter mit ungehenrer Übermacht
an. Deren Stellung war notgedrungen sehr aus-
gedehnt und der Mangel moderner Verkehrsmittel
verschlimmerte das Übel noch, so daß Major Ritter
sich bald gezwungen sah, befehlgemäß kämpfend auf
ne Hauptstellung 514 zurückzugehen. Die rechte
Flügelkolonne des Feindes endlich unter dem Buren
Myburg, etwa 4000 Mann stark, muß von Oka-
handia ausgegangen sein; sie war über Waterberg,
Esere, Rietsontein auf Tsumeb angesetzt und hatte
etwa 400 km von der Bahn aus vorgustoßen. Sie
traf, von Rietfontein aus den Höhenzug Otavi—
Grootfontein krenzend, bei Ghaub auf unsere linke
Seitendeckung unter Hauptmann v. Kleist. Das
gleiche Schauspiel! Weit überlegene Massen über-
flügelten die Unseren, die nicht einmal über Artilleric
verfügten, und zwangen sie nach kurzem Kampf eben-
falls auf Khorab zurückzufallen. Es war jetzt er-
sichtlich, daß der rechte Flügel des Feindes umfassend
auf Tsumeb vorging und in unsern Rücken kommen
mußte, ohne daß dies zu verhindern war. Tsumeb
selbst konnte bei erusthaftem Angriff nicht gehalten
werden, also war auch die Wasserversorgung der
Hauptstellung, Kilometer 514. gefährdet und die
Stellung wäre an sich unhaltbar geworden. Es blieb
nichts mehr übrig, als die Truppe um die Wasser-
stelle Khorab selbst, 12 km rückwärts zu konzentrieren.
Hier in Khorab sticeh der Gouverneur, Ex-
zellenz Seitz. zur Truppe. Der Kommandeur
schilderte ihm die Dinge, wie sie waren. Das Er-
gebnis der Beurteilung der gesamten militärischen
und politischen Lage verankaßte dann Exzellenz Seitz,
im Einverständnis mit dem Kommandeur, Botha von
neuem Verhandlungen vorguschlagen. Die mili-
tärische Würdigung des Gegebenen zeigie zunächst,
daß der Gegner mit riesiger Übermacht. etwa
28.000 Mann, unsere Stellung bedrohte, als die Ver-
handlungen begannen. Weitere Verstärkungen, auch
an schweren Belagerungsgeschützen, waren, wie man
wußte, unterwegs. Wir hatten dieser Macht in
Khorab selbst nur etwa 2500 Mann entgegenzustellen.
Die rückwärts gelegenen Magazine, die Depols in
Tiumeb und der vorausgeschickte Proviant nach Na-
mutoni waren nach den letzten Ereignissen nicht mehr
für die Truppe zu retten. Es mußte im Gegenteil
erwartet werden, daß dies alles dem Feinde binnen