Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVIII. Jahrgang, 1917. (28)

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nach Rehoboth erst an die Bahn kamen, als Windhu! 
bereits vom Feinde besetzt war, hatten Graf Saurma 
und Hensel bei dem gefährlichen Bogenmarsch um 
Windhuk herum nur einen Teil der unberittenen 
4. Kompagnie verloren, der mit einigen Ochsenwagen 
vom Feinde überholt und gefangengenommen wurde. 
Die letzte Hauptstellung sollte bei Kilometer 514 der 
Otavibahn eingenommen werden. Das südlich 14 km 
vorliegende Otavifontein wurde durch die Abteilung 
Ritter besetzt und war als Vorpostenstellung gedacht, 
die jedoch, weil der Platz des Wasserreichtums wegen 
wichtig war, nur unter Kämpfen geräumt werden 
sollte. Die Abteilung sollte in diesem Teil einen 
vorher angewiesenen Abschnitt der Hauptstellung be- 
si . Die Sicherung der linken Flanke wurde der 
Abteilung Kleist übertragen, die von Waterberg über 
Eiere und Rietfontein auf Ghaub zurückgehen sollte. 
Grootsontein war otgedrungen militärisch aufgegeben 
worden, nur ein Lagarett blieb dort, in das die 
Schwerkranken abgeschoben wurden. Auch der Typhus 
hatte die Truppe nicht völlig verschont, wenn er auch 
bei weitem nicht so schlimm auftrat, wie in dem 
großen Aufstand 1904. Die Stellung bei Kilometer 
514 war, falls man die Flanken sichern konnte, be- 
berrschend und sehr stark. Sie hatte aber einen 
groszen Nachteil, der indes in Kauf genommen werden 
mußte, weil es eine bessere nicht gab, und das war 
die Schwierigkeit der Wasserbeschaffung. Das nächste 
Wasser weiter rückwärts lag bei Kilometer 520 der 
Staiion Khorab selbst. Man hatte nun beabsichtigt, 
auf Kilometer 514 Wasser durch eine Bohrmaschine 
und mehrere Brunnen, die man abteufen ließ, zu 
beschaffen, wollte auch von Tsumeb her das uner- 
schöpfliche Wasser der dortigen Grube mit der Bahn 
heranschaffen und so nüctzlich machen. Wie sich heraus- 
stellte, lieferten weder die Brunnen noch die Bohrung 
Wasser, letzten Endes reichte die Zeit nicht aus, tief 
genug zu geben, sonst hätte die Börunn vielleicht 
Wasser ergeben 
Ins Auge gefaht hatte man auch die Möglich- 
leit eines weitern Zurückgehens über Tsumeb nach 
Namuntoni und insofern dafür Vorsorge getroffen, 
als man bereits Proviant und Munition nach Namn- 
loni befördert und am Otjikotosee 200 Ochsenwagen 
zu weiterem Transport bereitgestellt hatte. Tsumeb 
selbst hätte dann aufgegeben werden müssen, weil cs 
sich seiner Lage nach zu einer Verteidigung nicht 
eignele. Die letzte Absicht war, wenn es sein mußte, 
auch über Namutoni hinaus in das Ovamboland 
auszuweichen. 
Der Gegner setzte aber unn seinen letzten Vor- 
stoß nach Norden, von Omarurn und Okahandja 
ausgehend, in einer Weise an, wie wir es nach den 
bisherigen Erfahrungen nicht hatten erwarten können. 
Entgegen seiner frühern Gewohnheit machte er sich 
diesmal vollständig frei von dem mit der Bahn heran- 
geführten Nachschub an Verpflegung usw. — tatsäch- 
lich hat er z. B. die gesprengte Brücke bei Otjiwarongo, 
von der feindlichen Basis aus gerechnet 120 km vor 
Otavi, 190 km vor Tsumeb, über 300 km vor Namu- 
toni (bei einem Marsch über Outjo—Okaukueso) ent- 
sernt, auch erst nach der Kapitulation von Khorab 
wiederherstellen können, konnte daher die Otavibahn, 
an der alle wichtigen Brücken von Etiro ab, darunter 
die Omaruru-Brücke, gesprengt waren, bei seinem 
Vorstoß nach Norden nicht benutzen — und verließ 
sich hinsichtlich der Verpflegung von 25 000 Mann 
oder noch mehr einzig und allein auf seinen ge- 
waltigen Park an Automobilen aller Art und für 
jeden Zweck und an andern von tadellosen Gespannen 
gezogenen Fuhrwerken. Einer solchen Beweglichkeit 
  
Outjo, Okankuejo nach Namutoni. 
gegenüber war allerdings die Schutztruppe mit ihren 
langsamen schweren Ochsenwagen, ihren aus Mangel 
an Kraftfutter beig g 
völlig niedergebrochenen Tieren ohnmächtig. Be- 
sonders war nicht daran zu denken, daß sie einem 
so beweglichen Gegner weiter nach Norden hätte 
ausweichen können, weil sie dann ihren letzten Vor- 
teil, die Otavibahn als Zentralverkehrsstrang der 
Stellung, hätte aufgeben müssen. 
Die linke Kolonne unter dem Buren Britz. 
etwa 4000 Mann stark, marschierte über Omaruru, 
Sie hatte, nur 
von Omaruru aus gerechnet, über 400 km Anmarsch. 
Sie fand dabei so gut wie keinen Widerstand, da 
man ihr einfach nichts entgegenzustellen hatte und 
sich darauf verlassen mußte, daß sie die ungeheure 
Strecke bei teilweise ungünstigen Wasterverhältniifen 
nicht so rasch werde bewältigen können. Sie hat 
aber die Entfernung Outjo —Namutoni. 244 km, mit 
einem Heuschreckenschwarm von Autos nach der Be- 
hauptung feindlicher Chauffente in zwei Tagen zurück- 
gelegt. Die mittlere Kolonne, etwa 15500 Mann. 
unter Botha selbst, ging auf den Wegen linkes 
und rechts der Otavibahn von Omarurn bis Otavi. 
260 km, vor, ging dann nach Otavifontein und griff 
dort die Abteilung Ritter mit ungehenrer Übermacht 
an. Deren Stellung war notgedrungen sehr aus- 
gedehnt und der Mangel moderner Verkehrsmittel 
verschlimmerte das Übel noch, so daß Major Ritter 
sich bald gezwungen sah, befehlgemäß kämpfend auf 
ne Hauptstellung 514 zurückzugehen. Die rechte 
Flügelkolonne des Feindes endlich unter dem Buren 
Myburg, etwa 4000 Mann stark, muß von Oka- 
handia ausgegangen sein; sie war über Waterberg, 
Esere, Rietsontein auf Tsumeb angesetzt und hatte 
etwa 400 km von der Bahn aus vorgustoßen. Sie 
traf, von Rietfontein aus den Höhenzug Otavi— 
Grootfontein krenzend, bei Ghaub auf unsere linke 
Seitendeckung unter Hauptmann v. Kleist. Das 
gleiche Schauspiel! Weit überlegene Massen über- 
flügelten die Unseren, die nicht einmal über Artilleric 
verfügten, und zwangen sie nach kurzem Kampf eben- 
falls auf Khorab zurückzufallen. Es war jetzt er- 
sichtlich, daß der rechte Flügel des Feindes umfassend 
auf Tsumeb vorging und in unsern Rücken kommen 
mußte, ohne daß dies zu verhindern war. Tsumeb 
selbst konnte bei erusthaftem Angriff nicht gehalten 
werden, also war auch die Wasserversorgung der 
Hauptstellung, Kilometer 514. gefährdet und die 
Stellung wäre an sich unhaltbar geworden. Es blieb 
nichts mehr übrig, als die Truppe um die Wasser- 
stelle Khorab selbst, 12 km rückwärts zu konzentrieren. 
Hier in Khorab sticeh der Gouverneur, Ex- 
zellenz Seitz. zur Truppe. Der Kommandeur 
schilderte ihm die Dinge, wie sie waren. Das Er- 
gebnis der Beurteilung der gesamten militärischen 
und politischen Lage verankaßte dann Exzellenz Seitz, 
im Einverständnis mit dem Kommandeur, Botha von 
neuem Verhandlungen vorguschlagen. Die mili- 
tärische Würdigung des Gegebenen zeigie zunächst, 
daß der Gegner mit riesiger Übermacht. etwa 
28.000 Mann, unsere Stellung bedrohte, als die Ver- 
handlungen begannen. Weitere Verstärkungen, auch 
an schweren Belagerungsgeschützen, waren, wie man 
wußte, unterwegs. Wir hatten dieser Macht in 
Khorab selbst nur etwa 2500 Mann entgegenzustellen. 
Die rückwärts gelegenen Magazine, die Depols in 
Tiumeb und der vorausgeschickte Proviant nach Na- 
mutoni waren nach den letzten Ereignissen nicht mehr 
für die Truppe zu retten. Es mußte im Gegenteil 
erwartet werden, daß dies alles dem Feinde binnen
	        
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