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so formulieren durfte: „Kolonisieren heißt Missio-
nieren“ sich in der englischen wie in der deutschen
Kolonialpolitik durchgesetzt hatte. Wir standen
erst am Anfang der Reform-Entwicklung, aber
Deutschland war seit Dernburg auf dem rechten
Wege. Die große Probe auf unsere Eingeborenen-
politik ist der Krieg gewesen. In allen unseren
Kolonien sind unsere Schutzbefohlenen zu uns
gestanden, obgleich den meisten klar war, daß
es nur galt, einen verlorenen Posten zu ver-
leidigen.
Ich babe das Thema der Eingeborenen-
behandlung oft mit Gonverneuren der englischen
Kolonien besprochen und weiß, wie sie über die
deutsche Eingeborenenpolitik denken. Ich will mich
im Interesse der Herreun Gouverneure enthalten,
ihre damaligen Aussagen wiederzugeben, denn es
gilt im heutigen England schon fast als Hoch-
verrat, den Feind auch nur vor dem Kriege
einmal gerecht beurteilt zu haben. Nur so viel
möchte ich sagen: Die Engländer wissen ganz
genau, daß ihre Anklagen gegen unsere koloniale
Vergangenheit auf trügerischem Boden gebaut sind,
und sie missen auch, wie viele Zeugen zu
unsern Gunsten in England selbst vor-
handen sind. Zwar ist es gelungen, diese
Zeugen durch einen ungeheueren Terrorismus
mundtot zu machen, aber hier und da haben sie
sich doch mit einem schüchternen Protest aus
Tageslicht gewagt, soweit sie nicht wie Morel
wegen Wahrheitsagens im Gefängnis sitzen. Aus
diesem Grunde hat das englische Propaganda-
bureau neuerdings befohlen, nicht unsere koloniale
Vergangenheit, sondern unsere Behandlung der
Eingeborenen während des Krieges in den Vorder-
grund zu stellen. Hier kann sich die Phantasie
ungestört tummeln. Wir stehen nicht in Ver-
bindung mit unseren kämpfenden Landsleuten und
vermögen sie nicht zu verteidigen, geschweige denn,
daß sie es selbst könnten. Eine ideale Sitnation
für Reuter, um ohne Furcht vor Gegenbeweisen
an die Arbeit zu gehen!
Sicher aber ist dieses Eine: Viele Engländer,
die gegen unsere afrikanischen Truppen gekämpft
haben, schämen sich, daß man sich nicht scheut,
ihren tapferen Gegner mit Schmutz zu bewerfen.
Oft ist es ihnen schwer genug geworden, gegen
ihre Kameraden von gestern, gegen ihre Milt-
arbeiter an einer großen Kulturaufgabe schwarze
Armeen führen zu müssen. Ich vertraue, daß
die Gestalt des Generals v. Lettow-Vorbeck in
den feindlichen Annalen dieses Krieges dereinst
eine ebenso sagenhafte Größe haben wird wie in
den unsrigen. Wir haben das größte Interesse
daran, nach dem Kriege die gesamten Greuel-
behauptungen der Engländer einer internationalen
Untersuchung und Aufklärung zuzuführen aber
auch heute dürfen wir nicht stillhalten. Wir
sind es unserer kämpfenden Truppe draußen
schuldig, ihre Verleumder an den Pranger zu
bringen. Wir haben wahrhaftig keine Neigung
zu Greuelpropaganda, wir haben uns lange
geung vielleicht allzu spröde geweigert, mit un-
serem Anklagematerial herauszukommen, um nicht
mitschuldig zu werden an der entsetzlichen Völker-
verhetzung. Heute aber stehe ich nicht an zu er-
klären, und ich werde für diese Erklärung den
Beweis bringen: Sollte Englands Gesinnung und
Praxis in den Kolonien während des Krieges
als Kriterinm herangezogen werden für sein
Recht, noch weiter die Vormundschaft über sar-
bige Bölkerschaften zu führen wohlgemerkt,
im Namen der Menschheit zu fordern, daß Eng-
land seine sämtlichen Kolonien herausgibt und
unter internationale Kontrolle stellt! Meine Au-
klage ruht auf unangreifbarem Grunde. Ich führe
nur das an, was englische Untersuchungen selbst
festgestellt haben und was als Grundsaßz der
neuen englischen Kolonialpolitit aus den aul
lichen Handlungen während des Krieges solbst
hervorgeht.
Vor mir liegt der Bericht des Gonverneurs von
Ceylon, aus dem der Manchester Guardian vom
2. 11. d. Is. einen kurzen Auszug veröffentlicht
über die Maßnahmen der englischen Lokal-
behörden zur Unterdrückung der Unruhen in Ceylon
im Frühling 1915. In Wahrheit aus religiösen
Streitigkeiten zwischen Moors und Singhalesen
entstanden, wurden diese Unruhen als Aufruhr
gegen die britische Herrschaft umgefälscht und ein
erbarmungsloses Strafgericht wurde ins Werk ge-
setzt. Nachdem längst alles bernhigt war, wurden
Singhalesen ohne irgendeine Art von Verhör er-
schossen. In keinem der untersuchten Fälle von
Hinrichtung konnte selbst auf Grundlage des