Full text: Handbuch für Gemeindeschreiber, Bürgermeister, Gemeinde- und Stiftungsverwaltungen nach Maßgabe der neuen Sozial-Gesetze und Vollzugs-Vorschriften.

Tit. I. Gemeindeangel genheiten. 23 
Die Gemeinde-Ausschüsse sind gesetzlich befugt, gegen diejenigen ihrer 
Mitglieder, welche ohne gültige Entschuldigungsursachen die Sitzung ver- 
säumen oder als Stimmberechtigte ohne Grund sich der Abstimmung ent- 
halten, Ordnungsstrafen bis zu 25 fl. zum Besten der Ortsarmenkasse 
zu verfügen. ,- 
Nach mehrmaliger fruchtloser Bestrafung und vorgängiger Androhung 
können solche Mitglieder durch Beschluß des Collegiums als ausgetreten 
erklärt werden. 
Gegen die gemäß Absatz 1 gefaßten Beschlüsse steht den Betheilig- 
ten binnen 8 Tagen, vom Tag der Zustellung an gerechnet, das Recht 
zu, Einspruch zu erheben, worüber in einer der nächsten Sitzungen zu 
beschließen ist. . 
Aus dem Vorgesagten geht hervor, daß den Sitzungen, wenigstens 
den außerordentlichen, eine legale Vorladung der Ausschußmitglieder 
vorherzugehen hat. 
(Die ordentlichen Sitzungen, welche entweder an einem bestimmten 
Wochentage, oder am ersten und dritten, oder zweiten und vierten Sonn— 
tag eines Monats abgehalten werden, sind den Ausschußmitgliedern 
ohnedies bekannt.) 
Um nun dem Vorwande nicht, oder nicht rechtzeitig geschehener 
Vorladung vorzubeugen, ist vom Gemeindeschreiber die Ladung schriftlich 
aufzusetzen und von den Ausschußmitgliedern als Nachweis unterzeichnen 
zu lassen. Bezüglich der Geschäftsordnung sind Statuten oder statutarische 
sin gen festzustellen, welche dem Gemeinde-Ausschuß bekannt zu 
geben sind. 
Ziffer 17. Gemeindliches Vermittlungsamt. 
Wenn in einer Civilklage Kläger und Beklagter Einwohner derselben 
Gemeinde und dem Gemeinde-Ausschusse untergeben sind, 
muß der Kläger seiner Klage ein Zeugniß über die von der Gemeinde- 
behörde versuchte Sühne beilegen. 
Dieser Sühneversuch hat unentgeltlich und ohne Zulassung eines 
Advokaten zu geschehen. 
Den Gemeindebehörden ist durch das Vermittlungsamt ein äußerst 
wichtiger und ebenso schöner Beruf zugetheilt. Wie viele langjährige 
Prozese können dadurch abgeschnitten, wie viele Kosten erspart und wel- 
cher Feindschaft durch vernünftige Vorstellungen ein Ende gemacht wer- 
den. In vielen Orten wird indeß der Standpnnkt des Vermittlungs- 
amtes verrückt und die Verhandlung zu einem Gemeinplatz roher Leiden- 
schaften und Zornesausbrüche gemacht, so daß die beiderseitigen Partheien 
die Verhandlung nur dazu benützen, sich gegenseitig die größten Sordisen zu 
sagen. In solchen Fällen sollen Bürgermeister und Mitglieder des Gemeinde- 
Ausschusses die Würde ihres Amtes wahren und die Verhandlung sofort 
beendigen, wenn auf gütliche Vorstellungen keine Ruhe erfolgt. Das 
Schreien beim Vermittlungsamt, daß die Vorübergehenden auf der 
Straße stehen bleiben, ist in keiner Weise zu rechtfertigen und zu dulden.
	        
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