64 Tit. V. Armenwesen.
wenn diese so dringend war, daß die vorherige Anzeige bei dem Armen-
pflegschaftsrathe des Ortes der Hülfeleistung nicht stattfinden konnte.
Der Ersatzanspruch erstreckt sich, soferne diesem Armenpflegschafts-
rath kein Verschulden zur Last fällt, lediglich auf die Entschädigung für
Auslagen und besondere Mühewaltung und erlischt ganz, wenn
nicht innerhalb längstens 48 Stunden nach dem Beginn der Hülfeleist-
ung Anzeige an den Armenpflegschaftsrath erstattet wurde.
Art. 18. Die Mittel zur Bestreitung des Bedarfs der örtlichen
Armenpflege sind zu schöpfen:
1) aus den Nutzungen des für Armenzwecke ausgeschiedenen Gemeinde-
Vermögens (Lokalarmenfonds);
2) aus den stiftungsgemäß hiezu verfügbaren Nutzungen örtlicher
Wohlthätigkeitsstiftungen
3) au den der Armenpflege durch die Gesetze zugewiesenen Ein-
nahmen;
4) aus den zu Gunsten der Armenpflege in der Gemeinde bereits
rechtmäßig bestehenden oder in gesetzlich zuläßiger Weise einzufüh-
renden Abgaben für feierliche Hochzeiten in öffentlichen Wirthschaf-
ten, für Veranstaltung öffentlicher Festlichkeiten, Lustbarkeiten,
Pferderennen, Musikproduktionen, Tanzunterholtungen, Theatervor-
stellungen und Schaustellungen aller Art;
5) aus den regelmäßigen oder außerordentlichen Zuschüssen der Ge-
meindekasse oder anderer öffentlichen Kassen;
6) aus den für laufende Ausgaben bestimmten Schenkungen und Ver-
mächtnissen, aus den zum Besten der Armenpflege veranstalteten
Sammlungen und Verloosungen, aus. Ersatzleistungen und sonstigen
außerordentlichen Einnahmen.
Reichen diese Einnahmsquellen nicht aus, so ist der Mehrbedarf
nach den Vorschriften der Gemeindeordnung über die Bestreitung der
Gemeindebedürfniss zu decken.
In Landgemeinden kann die Verköstigung der Armen an die, einen
selbstständigen Haushalt führenden, Einwohner in bestimmter Reihenfolge
nach einem billigen Maßstabe übertragen werden, wenn der Gemeinde-
ausschuß und der Armenpflegschaftsrath übereinstimmend für dieses Ver-
fahren sich entscheiden; dasselbe darf jedoch auf Kinder bis zu vollende-
ter Werktagsschulpflicht, auf kranke und sicherheitsgefährliche Personen.
keine Anwendung finden.
Art. 19. Die im vorstehenden Artikel aufgeführten Einnahmen
fließen in eine besonders zu verwaltende Armenkasse, aus welcher die
der Gemeinde obliegenden Ausgaben für Armenzwecke zu bestreiten sind.
Nachhaltige Ueberschüsse, soferne sie nicht als Reserve bereit gehal-
ten werden;, sowie alle nicht zur Bestreitung laufender Ausgaben be-
stimmten Schenkungen, Vermüächtnisse und sonstigen Zuflüsse sind dem
Grundstock einzuverleiben. ·
Art. 20. Die Gemeinden sind berechtigt, von den, im Art. 11
Abs. 1 bezeichneten. Personen, solange siè im Gemeindebezirk dienen oder
arbeiten, einen regelmäßigen Krankenkassebetrag zu erheben, welcher nicht
mehr als 3 kr. wöchentlich betragen darf.