* den auf ihnen lastenden Zauber zu bannen, war erfüllt 5½
von nun an sollte der Böse keine Macht mehr über fie haben.
Die Taufe in der Kapelle hatte längst ihr Ende erreicht, aber
das inzwischen zum Ausbruch gekommene Gewitter hinderte bis zum
späten Abend den Köhler an der Rückkehr zu seiner Hütte. Mit mäch-
tiger Gewalt tosete diesmal der Donnergott. Mehr als einmal fuhr
der blendende Strahl, wie von der Kapelle aus zu bemerken war, auf
den Borberg nieder und mußte zuletzt auch gezündet haben, denn man
sah im strömenden Regen dort dichten Qualm und Rauch aufsteigen.
Dazu ließ sich ein Pfeifen und Rollen in der Luft vernehmen, als
wenn der Fürst der Hölle selbst sein Wesen triebe. Letzteres war in
der That auch der Fall; denn erzürnt darüber, daß drei durch den
Bann ihm verfallene Seelen sich seiner Herrschaft zu entringen ge-
wußt hatten, fuhr er grimmig und tobend im Wetter davon. — End-
lich hatte die Natur ihre Ruhe wieder gefunden; am Himmel leuchteten
bereits die Sterne, und in reicher Fülle sandte der Mond sein silbernes
Licht zur Erde, als der Köhler mit seiner Begleitung den Heimweg
antrat. Ohne Aufenthalt kam er auch diesmal nicht am Borberge
vorüber. Mitten auf dem Wege, an derselben Stelle, wo vor wenig
Stunden eine der Schwestern den Anblick seines Kindes erbeten hatte,
hörte er plötzlich seinen Namen rufen. Er blickte empor und sah zwi-
schen den Bäumen hindurch oben auf einem vorspringenden Felsen die
drei Jungfrauen stehen und hörte zugleich, wie sie ihm zuriefen:
„Lieber Köhler, habe Dank, daß Du dein Kind unserer jüngsten zum
Kusse reichtest; Du hast uns dadurch aus schwerer Not und Drangsal be-
freit. Komm nur sonder Scheu herauf zu uns und nimm den Schatz,
mit dem wir Dich belohnen wollen.“ Aber dem Angerufenen und
seinen Begleitern liefen bei diesen Worten die Schauer bald kalt, bald
heiß über den Rücken; sie schlugen eiligst ein Kreuz und suchten schnell
weiter zu kommen.
Gegen den anbrechenden Morgen hin mochte es jedoch den Köhler
gereuen, der Einladung nicht Folge geleistet zu haben. Der Gedanke
an den angebotenen, von ihm aber so leichtfertig verschmähten Schatz
beherrschte seine ganze Seele, und über sein Vorhalten peinigten ihn
umsomehr allerlei Vorwürfe, als ja die Schwestern sich ihm immer
freundlich erwiesen hatten. Mit dem ersten Sonnenstrahl, der seine
Hütte traf, war er darum auch schon auf den Beinen, ging auf den
Berg und forschte nach den drei Jungfrauen. Er kam zu ihrem Hofe,
doch dieser lag still und ausgebrannt vor ihm; er stieg hinauf zum
zerklüfteten Gemäuer der Burg, aber auch hier war nichts von den
1 Gesuchten zu sehen und zu hören. Mißmutig lagerte er sich nunmehr
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