II. Arten der Rechtsnormen im besonderen. Landesrecht. 830. 103
2. Soweit das Landesrecht gilt, gilt es mit den Bestim-
mungen, die sich auf diese Materie bsziehen, es gilt nicht in
bezug auf die Bestimmungen des allgemeinen Teils, welche
die Landesgesetze enthalten und welche bei Anwendung der
Sondermaterie an sich mit in Betracht kämen. So sehr in
jeder Rechtsordnung alles praktisch zusammenhängt, so hat
doch unsere Abstraktion hier getrennt: wir scheiden den all-
gemeinen Teil vom besonderen und verdichten die die Sonder-
rechtsinstitute durchdiingenden gemeinsamen Normen zu
selbständigen Rechtssätzen; und wenn es daher heißt, daß
die landesgesetzlichen Sonderrechtsnormen bestehen bleiben,
so ist damit zugleich gesagt, daß die landesgesetzlichen
Normen des allgemeinen Teils als aufgegeben zu betrachten
sind. Das ist auch im Interesse der Rechtseinheit sehr zu
wünschen, denn es wäre von der größten Mißlichkeit, wenn
beispielsweise im Bergrecht, Wasserrecht, Nachbarrecht all-
überall noch die alten Bestimmungen über Geschäftsfähigkeit,
Fruchterwerb, Verjährung, Zwischenstaatrecht nachgeschaltet
werden müßten. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn
die Regelung, die sonst im allgemeinen Teil zu erfolgen
pflegt, gerade für das betreffende Sonderverhältnis eine eigen-
artige und dem Sonderverhältnis angepaßte ist, wenn also eine
der sonst im allgemeinen Rechte beliandelten Fragen in der
Sondermaterie in selbständiger Weise gelöst wurde, mit Rück-
sicht auf die eigenartigen Umstände dieses Falles; so bei-
spielsweise wenn für die Abstimmungen im Verkoppelungsrecht
eine besondere Vorschrift über die Geschäftsfähigkeit der maß-
gebenden Personen bestände, oder wenn in der Lehre von der
Haftung des Staates für die Beamten oder in der Lehre von
der Zusammenrottung über die Frage der Gesamthaftung
(namentlich auch was die Rückgriffverhältnisse, was das Er-
löschen der Gesamthaftung betrifft) andere Prinzipien auf-
gestellt wären als sonst, weil bei diesen Materien eine be-
sondere Behandlung dieser Punkte als angemessen und sach-
gemäß erschienen ist. Aber auch in solchem Falle darf die
partikuläre Geltung nur soweit anerkannt werden, als nötig,
um gerade den sonderrechtlichen Gesichtspunkt gegenüber
dem allgemeinrechtlichen zur Geltung zu bringen. Diejenigen
Fragen der Gesamtschuld beispielsweise, welche nicht damit