Full text: Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts. Erster Band. (1)

III. Auslegung der Rechtsnormen. 8$ 39, 40. 131 
seiner Wirksamkeit von der Magenstimmung eines Parlamen- 
tariers abhängen zu lassen, wäre doch wirklich eine unrichtige 
Methode auslegender Kunst. Schließlich ist ein Satz oft 
durch den Schlußantrag, durch die Ermüdung, durch das 
Gespräch am Eingang des Parlaments unbeanstandet geblieben; 
alle derartigen Annahmen brechen zusammen, wenn man das 
Leben in Wirklichkeit betrachtet. 
IV. Hiernach kann das, was in den Motiven und Parlaments- 
verhandlungen geäußert wird, für das Gesetz keine Bedeutung 
beanspruchen; es kann höchstens insofern einige Erheblichkeit 
besitzen, als es uns die Stimmung und das Bestreben wichtiger 
Kreise der Bevölkerung kennen lehrt; insofern aber steht 
dieses Auslegungsmittel auf gleicher Höhe, wie jedes andere 
Mittel, das uns die Gedanken des Volkes kund gibt, und 
ein Zeitungsartikel oder ein \Werk, das bahnbrechend wirkt, 
sind oft wichtiger, als alles, was in obigen Vorarbeiten gesagt 
wird. Eine Veröffentlichung der Vorarbeiten kann daher’ nur 
insofern eine Wichtigkeit erlangen, als sie Gedanken und 
Stimmungen wiedergibt und hierdurch allgemein menschlich 
belehrend ist; dagegen kann sie eine besondere Bedeutung für 
das Gesetz nicht beanspruchen; und da die Gefahr des;MiB- 
brauches größer ist, als ihr Nutzen, so wäre es stetsfam 
besten, wenn das Gesetz ohne jede Vorarbeiten unter das 
Publikum träte und die Vorarbeiten anstatt gedruckt und 
veröffentlicht, dem Publikum völlig entzogen würden. Bei 
jedem neuen Gesetze wäre dies erwünscht, am meisten bei 
dem Bürgerlichen Gesetzbuch, dessen Motive zudem keines- 
wegs offiziell und in jeder Beziehung ungenügend gearbeitet 
sind. Auch das Reichsgericht vom 3. Mai 1902 Entsch. 51 
S. 274 sagt über sie: „Übrigens würden ... . die Motive... 
nicht von maßgebender Bedeutung für die Auslegung des 
Gesetzes sein, da sie als eine nicht von den gesetzgebenden 
Faktoren herrührende Privatarbeit weder die Bestimmung 
noch die Macht haben, das Gesetz zu deklarieren.“ Warum 
hat man sie doch veröffentlicht? 
& 40. 
I. Der Gedanke des Gesetzes bewegt sich in den Worten, 
wie die Kraft in der Maschine Wie aber in der Maschine 
9%*
	        
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