II. 2. Rechtsstellung. Wohnsitz. $ 104. 273
Sein an einem bestimmten Orte befindet. Ob ein bloß augen-
blickliches Verhältnis der Art maßgebend ist, oder nur ein
Verhältnis von einiger Dauer, ist für die verschiedenen Rechts-
fragen verschieden zu beantworten. Meist ist ein Verhältnis
von einiger Dauer erforderlich. Mit Recht hat man beispiels-
weise zu $ 21 des Staatsangehörigkeitsgesetzes angenommen,
daß der Aufenthalt im Auslande nicht unterbrochen wird, auch
wenn vorübergehende Besuche im Inlande stattgefunden haben. ')
Mitunter wird der „gewöhnliche“ Aufenthalt für maßgebend er-
klärt, S 1320 B.G.B., 846 Personenst.G., $ 10 Unterstützungs-W.G.,
oder der „dauernde“ Aufenthalt S 20, (689) C.P.O., der „ununter-
brochene“ Aufenthalt, $ 21 Staatsangehörigk.G. u.a. Anderer-
seits kann für das Prozeßrecht und für das prozeßrechts-
ähnliche Verhältnis des $ 132 B.G.B. ein augenblicklicher
Aufenthalt genügen, wenn er nur so lange dauert, daß eine
Zustellung gemacht werden kann, vgl. S 30 C.P.O.
III. Wohnsitz ist ein Zustandverhältnis, das nicht
durch die örtliche Anwesenheit herbeigeführt wird,’) sondern
dadurch, daß die Lenkung und Leitung der Angelegenheiten
einer Person entweder kraft Bestimmung dieser Person oder
kraft Gesetzes mit diesem Ort verknüpft ist.”)
Im letzteren Fall spricht man von gesetzlichem Wohn-
sitz, der ein selbständiger oder ein abhängiger sein kann, im
ersteren von gewillkürtem Wohnsitz: denn er wird durch
Wahl begründet. Die Wahl ist nicht als Rechtsgeschäft auf-
zufassen, denn die Verlegung der Lenkung der Angelegen-
heiten ist ein tatsächliches Moment, aus dem ohne weiteres
der Wohnsitz hervorgeht; und wenn nach $ 8 B.G.B. die
Wahl eines Geschäftsunfähigen oder Geschäftsbeschränkten
nicht genügt, sondern der „Wille“ des gesetzlichen Vertreters
hinzukommen muß, so ist dies deshalb, weil die Angelegen-
heiten einer solchen Person mit der Vormundschaft zusammen-
) Vgl. O0.V.G. vom 25. Juni 1901, in meinem Archiv für Strafrecht,
Bd. 49, S. 2871.
?) Daher wird er auch nicht durch dauernden Aufenthalt an anderem
Orte ausgeschlossen, O.L.G. Bayern vom 13. September 1902, Sammlung
d. Entsch. I1I S. 692.
») Wohnsitz ist daher nicht gleichbedeutend mit Wohnort im Sinne
der $$ 42a und 55 Gew.O. und des 8 106 2.1 H.G.B!s.
Kohler, Lehrbuch des bürgerlichen Rechts. I. 18