Full text: Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts. Erster Band. (1)

36 I. Buch. II. Abschn. Mehrheit von Rechtsordnungen. 
B. Nebeneinanderbestehen in verschiedenen örtlichen Gebieten 
(zwischenstaatliches Privatrecht). 
1. Allgemeines, 
8 10. 
1. Da das Bürgerliche Gesetzbuch Bestimmungen über 
zwischenstaatliches Privatrecht hat,!) so kann dieses Gebiet 
nicht vollständig übergangen werden, obgleich es Gegenstand 
einer besonderen Wissenschaft ist, und anderwärts in aller 
Ausführlichkeit behandelt werden soll.?) Das zwischenstaatliche 
Privatrecht hat es zunächst mit der Frage zu tun, welches 
die Grenzen des Gesetzesrechts der einzelnen Staaten sind. 
Es kann auch die Frage umfassen, wie weit die Wirksamkeit 
der gerichtlichen oder sonstigen behördlichen Tätigkeiten eines 
Staates reicht. 
II. Dies alles ist Frage des Völkerrechts. Solange kein 
Völkerrecht besteht, wird ein jeder Staat versuchen, sein Recht 
möglichst weit auszudehnen und möglichst viele Personen und 
Sachen unter seine Herrschaft zu bekommen. Sobald aber 
im Völkerrecht keine Anarchie mehr herrscht, sondern jeder 
Staat mit Rücksicht auf den anderen seine Rechtssphäre ab- 
srenzt, werden Regeln aufgestellt werden müssen, welche 
bestimmen, welche Güter ein jeder Staat in seinen Rechts- 
kreis einzubegreifen hat, wie weit Rechtverordnung und 
Rechtsprechung eines jeden Staates reichen. Wie das Völker- 
recht überhaupt, kann dies nicht durch eine einzelstaatliche 
Rechtsbildung geschaffen werden, sondern es kann hier nur 
in Betracht kommen einmal das Gewohnheitsrecht der Völker 
und sodann das Mittel des Staatsvertrages. Auf dem Wege 
des Staatsvertrages sind bereits eine Reihe von Grenz- 
regeln geschaffen worden, und hoffentlich wird seinerzeit das 
ganze Gebiet des zwischenstaatlichen Privatrechtes auf diese 
Weise zum Ausbau kommen, sodaß unter Kulturstaaten im 
sroßen und ganzen eine Einstimmigkeit herrscht in der 
Behandlung von Personen und Sachen, in der Art, daß die 
1) Einf.Ges. A. 7—31. 
®) Dort ist auch auf die Literatur einzugehen, und werde ich mich 
mit den Arbeiten v. Bars, Zitelmanns, Kahns und Meilis sowie mit 
den Entwürfen der Haager Konferenz zu beschäftigen haben.
	        
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