Gebräuche umschlingt? Dann aber ist die »mère patrie«
von Elsaß-Lokhringen nach dem eigenen Urteil der Ver—
treter des elsässischen Volkes Deutschland, und Frank-
reich ist höchstens die Stiefmutker, die in zweihunderk-
jährigem Bemühen die Kinder der nakürlichen Ilukker
enkfremdek hak.
Der Behaupkung aber, daß die Bevölkerung des Elsaß
Ludwig XIV. mit Begeisterung als ihren Herrscher begrüße
habe, und daß der Verlust von Straßburg von keinem
Deutschen schmerzlich empfunden worden sei, will ich nur
zwei zeikgenössische Zeugnisse gegenüberstellen. Im Jahre
1664 schrieb der ehrsame Straßburger Schuhmacher-
meister Mathias Tauberer in sein „Hausbüchlein“: „Drey
Wochen vor Ostern ist der Masserin (Mazarin) hierher-
gekommen und hat die Statt begehrt under sein Joch zu
bringen, und die Leit sind in großen engsten gewesen hir
in der Statt, aber Gott hat uns erhalten vor
seinem Joch. Gott woll uns ferner erhalten.“
Und als nun die Franzosen doch in Straßburg einzogen,
da schreibt derselbe Straßburger Chronist: „Anno 1673
hat uns Gott doch gestrafft mit den Franzosen.“ Und im
Jahre 1681 schrieb die brave Liselotte von der Pfalz, die
Herzogin von Orleans, die sich ihr deutsches Herz am fran-
zösischen Hofe bewahrt hatte, an ihren Bruder: „Ich
habe geheult, als ich mit dem König in die alte deutsche
Reichsstadt einzog.“
Das „Unrecht“, das Deutschland im Jahre 1871 be-
gangen und das den Frieden Europas fünfzig Jahre ge-
störk haben soll. besteht darum einzig und allein darin, daß
wir die Bevölkerung von Elsaß Lokhringen, die deutsch
(prach, dachfe und fühlte, ohne ihre ausdrückliche
Kronprinz Wilbelm, Ich suche d. W. 4
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