4. Das Land im Dämmerlichte der Geschichte. 17
der Schweiz, im Osten in Böhmen. Die in Südbayern gefundenen zahl-
reichen Flachgräber gleicher Ausstattung gehören unzweifelhaft den Vindelikern
und Norikern an, von denen wir aus den Zeugnissen der alten Schriftsteller
wissen, daß sie keltischer Abkunft waren und in unserem heutigen Bayern süd-
lich der Donau bis an den Fuß der Alpen ihre Wohnsitze hatten.
Sind wir für die vorletzte Stuse der La Tenezeit in Bayern nur auf
Gräberfunde angewiesen, so kommen für die letzte Stufe nunmehr auch Wohn-
stättenfunde in Betracht. An zwei Orten Südbayerns sind, soweit bekannt,
bisher solche zutage gekommen, in Manching, Bezirksamt Ingolstadt, und in Karl-
stein bei Reichenhall. In Manching, woselbst eine ausgedehnte Umwallung
sich befindet, wurde innerhalb dieser ein großer Fund von Geräten und
Schmucksachen gemacht, der unzweifelhaft auf eine Wohnstätte deutet. Es
befanden sich darunter Bestandteile von Wagenbeschlägen, Rädern, Pferde-
geschirr, Bruchstücke von Luxusgeräten, große Glasringe, Fibeln, Tierfiguren
von Bronze u. a. In Karlstein stieß man auf die Wohnstätten selbst, die
sich als viereckige Blockhäuser, aus Balken gezimmert, mit Türen und Fenstern,
Feuerstellen und Vorplatz erwiesen. Die gefundenen vielen Eisennägel und
Klammern rührten von der Befestigung und Verbindung der Balken, die
Eisenblechbeschläge von Türbändern und Schlössern her, zu denen auch die
Schlüssel von Eisen vorhanden waren. Ein reich ornamentierte viereckiges
Eisengitter mag zu einer Fenster= oder Türöffnung gehört haben und setzt
die Verwendung von Glas voraus. In der Kulturschicht der Wohnstätten
kamen zutage runde Mühlsteine von Handmühlen, große Wasserkufen von
Ton, Eisengeräte aller Art, darunter Sensen und Ketten, Spinnwirtel, Netz-
senker von Ton, Nähnadeln von Eisen und Bronze; an Schmuck Bruchstücke
von blauen Glasarmreifen mit gelber Schmelzunterlage, vergoldete Bronze-
blechbeschläge von Gürteln, Fingerringe von Bronze und Eisen, eine Menge
Bronzezieraten, zum Teil mit Blutemail, au Waffen lediglich Pfeilspitzen von
Eisen, serner eine Menge Tongefäßreste, auf der Drehscheibe geformt und
hart gebrannt. Als besonders wichtig aber ist der Fund von Silbermünzen
keltischen Gepräges und der einer ägyptischen Bronzemünze von einem der
drei ersten Ptolemäer zu verzeichnen, welche den regen Handelsverkehr der
Zeit bis in das entlegene Gebirgsdorf andeuten. Hier wie in Manching wur-
den außerdem viele Eisenschlacken gefunden, welche auf Verschmiedung von
Eisen an Ort und Stelle hinweisen.
Neben diesen Wohnstättenfunden spielen jetzt auch die zahlreichen Funde
von goldenen Münzen, sogenannten Regenbogenschüsselchen, eine wichtige Rolle.
Solche Funde wurden in Südbayern bis zur Donau zahlreich gemacht, darunter
zwei große Schatzfunde, von denen jeder über 1000 Stück enthielt. Eine solche
Menge Münzen kann nur da zum Vorschein kommen, wo diese als Zahl= und
Verkehrsmittel umlaufen und geprägt werden. Auch diese gehören den beiden
letzten Jahrhunderten vor unserer Zeitrechnung an.
Kronseder. Lesebuch zur Geschichte Bayerns. 2