20 4. Das Land im Dämmerlichte der Geschichte.
in vereinzeltem Kampf dem römischen Schwert, die Noriker, wie es scheint, der
römischen Politik ohne Kampf. Das Ende beider Volksstämme war ihr Unter-
gehen im römischen Reichs= und Staatsbürgertum mit seinem kosmopolitischen
internationalen Gepräge, in dem die Besonderheiten jedes selbständigen Volks-
tums verschwinden mußten. Sprache, Kult, Staatseinrichtungen, Lebensführung,
Tracht und Sitte waren schließlich die des Reiches. Nur soweit sich Kunst
und Handwerk des La Tene in dem provinzial römischen Stil erhalten haben,
geben sie auch in dieser Zeit noch Kunde von dem einstigen selbständigen,
künstlerischen Empfinden und technischen Geschick des Volkes.
Meisterhaft verstand sich Rom auf die Durchführung der politischen Ziele
wie auf nivellierende Kulturbeeinflussung. Es kam in den eroberten Provinzen
zu keiner nationalen Erhebung mehr während der römischen Weltherrschaft.
Die politische Geschichte der Provinzen Norikum und Rätien (dem Vindelikien
angegliedert war) bietet, soweit wir sie aus den Schriftstellern kennen, nichts
von Belang. Die Kulturgeschichte aber weist viele interessante Einzelheiten des
provinzial römischen Lebens während seiner fast 500 jährigen Dauer auf. Man
richtete sich alsbald nach der Unterwerfung des Gebietes auf die Dauer darin
ein. Die Grenze bildete erst die Donau, später der sogenannte Limes, eine
markierte Zoll= und Reichsgrenze gegen die Germanen, die an strategisch wichtigen
Punkten durch dahinter liegende Kastelle ihrem ganzen Lauf entlang ge-
sichert war. Im Binnenlande waren Befestigungen nicht nötig, wie hier auch
ständige Garnisonen außer kleinen Wach= und Etappenposten nicht vorhanden
waren. Das Militär lag in den Grenzkastellen. Ein Hauptaugenmerk war
dem Straßennetz gewidmet, dessen Grundlagen die vorrömischen Verkehrswege
bildeten, soweit nicht militärische und politische Gründe eine Anderung ver-
langten. Das gleiche war mit den bisherigen Städten der Fall, die fortbe-
wohnt wurden: Neugründungen von Städten, die sich durch ihre römischen
Namen sofort kennzeichnen, wie z. B. Augusta Vindelicorum, Castra Regina
u. s. w., waren aus politischen und strategischen Gründen veranlaßt. Man
lebte unter den Juliern und Flaviern bis in die Zeit Mark Aurels in tiefem
Frieden; man sühlte sich vor den Germanen jenseits der Grenze so sicher, daß
z. B. hart am Limes ein reich ausgestattetes, mit Kunstwerken geschmücktes
Wohnhaus sich befand (Westerhofen b. Ingolstadt). Überreste von Staatsge-
bäuden, Tempeln, Foren wurden in größeren Orten gefunden, wie in Augs-
burg, Regensburg, Kempten, Salzburg, Epfach 2c. Im ganzen römischen
Teile unseres Landes wurden große Meierhöfe mit vielen Funden von land-
wirtschaftlichen Geräten und Gebrauchsgegenständen aufgedeckt. Von allen
römischen Bauwerken aber hat sich über dem Boden außer der eingebauten
Porta praetoria in Regensburg und der (vielleicht römischen) Heidenmauer in
Lindau nichts im Lande erhalten. Was noch an römischem Mauerwerk vor-
handen ist, steckt unter dem Boden und muß erst ausgegraben werden, wie
z. B. die Grundmauern der Limeskastelle und ihrer Gebäulichkeiten.