Full text: Die Legimitationsprüfung der Bundesratsbevollmächtigten und der Reichtagsabgeordneten nach bisherigem Reichsstaatsrecht.

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niemals der Reichskanzler übergangen worden. Eine ander- 
weitige Befugnis ist auch in der Literatur für den Reichstag 
niemals behauptet worden#. 
c) Dem Reichstag stand nach dem Wortlaut des Art. 27 R#V. 
nur die Prüfung der Legitimation seiner „Mitglieder“ zu. War 
ein Mitglied also aus dem Reichstage ausgeschieden, sei es durch 
Tod, Niederlegung des Mandates oder aus anderen Gründen, 
so konnte naturgemäß die Gültigkeit eines derart erledigten 
Mandates nicht mehr Gegenstand der Wahlprüfungstätigkeit des 
Reichstages sein?). Der Reichstag ist dieser Auffassung in der 
Regel auch gefolgt. So wurde z. B. die Prüfung der Wahl des 
Abgeordneten Wamhoff infolge dessen Mandatsniederlegung 
für erledigt erklärts). Maßgebend für die Praxis war vor allem 
die Entscheidung, die im folgenden Falle getroffen wurde: 
Im sechsten Wahlkreise des Regierungsbezirkes Arnsberg 
war die Wahl des Abgeordneten Möller (Dortmund) von der 
Kommission für ungültig erklärt worden. Vor der Plenar- 
sitzung legte der betreffende Abgeordnete nun sein Mandat 
nieder. Es wurde dennoch der Antrag gestellt, die Diskussion 
über den Kommissionsantrag auf der Tagesordnung zu be- 
halten. Demgegenüber wurde von dem Abgeordneten von 
Bennigsen ein Antrag eingebracht, „der Reichstag wolle mit 
Rücksicht auf die stattgehabte Mandatsniederlegung diesen 
Gegenstand der Tagesordnung für erledigt erklären.“ Der 
Antrag wurde von ihm selbst, wie folgt, sachlich scharf begründet: 
„Das Haus hat die Legitimation seiner Mitglieder zu prüfen, 
hat zu prüfen, ob jemand das Recht hat, an den Beratungen und 
Beschlüssen des Hauses teilzunehmen. Bei Herrn Möller ist 
diese Frage aber dadurch entschieden und erledigt, daß er sein 
Mandat niedergelegt hat und ein solches Recht, mitzuberaten 
und zu beschließen, garnicht mehr hat.“ Der Antrag wurde 
1) Wohl aber für Preußen, val. v. Rönne S. 260ff.; dagegen vor 
allem Leser #§ 41. 
2) Vgl. Jungheim S. 6. 
3) Sten. Ber. 1895/97, Bd. 4, S. 1890 B.
	        
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