8 12. Die Rechte der Einzelstaaten. 119
Württemberg.
a) Die Besteuerung des inländischen [Branntweins und] Bieres
bleibt der Landesgesetzgebung vorbehalten und der Ertrag dieser Steuern
verbleibt Württemberg ').
b) Das Recht des Reiches gemäß Art. 45 der Reichsverfassung auf
die Einführung des Einpfennigtarifs für den Eisenbahn-
transport der in diesem Artikel genannten Gegenstände bei größeren
Entfernungen »hinzuwirken«, ist beschränkt durch die Bestimmung
des Schlußprotokolls vom 25. November 1870 Nr. 22).
c) Die Einrichtung und Verwaltung des Post- und Tele-
graphenwesens und die Einnahmen der Post und Telegraphie
sind Württemberg reserviert. Ebenso der Erlaß der reglementarischen
und Tarifbestimmungen für den internen Verkehr Württembergs, so-
wohl der Post als auch der telegraphischen Korrespondenz. Desgleichen
die vertragsmäßige Regelung des unmittelbaren Post- und Telegraphen-
verkehrs Württembergs mit seinen dem Reiche nicht angehörenden
Nachbarstaaten, d. h. mit der Schweiz). Endlich ist die Gesetzgebungs-
kompetenz des Reiches hinsichtlich der Vorrechte der Post in Bezie-
hung auf den internen Verkehr Württembergs insoweit beschränkt,
als nur mit Zustimmung Württembergs der Post Vorrechte beigelegt
werden können, welche derselben nach der gegenwärtigen Gesetzgebung
in Württemberg nicht zustehen ?). |
d) Die Bestimmungen der Reichsverfassung über das Reichs-
kriegswesen (XI. Abschnitt, Art. 57—68) finden in Württemberg nach
näherer Bestimmung der Militärkonvention vom 21./25. November 1870
Anwendung.
Bayern.
a) Die Beaufsichtigung und Gesetzgebung des Reiches ist ausge-
schlossen hinsichtlich der Heimats- und Niederlassungs-
verhältnisse?°), wohin auch das Verehelichungswesen, soweit es
mit den Heimats- und Niederlassungsverhältnissen in Zusammenhang
steht, gehört). Aufdie privatrechtlichen Regeln über die Vor-
aussetzungen einer gültigen Eheschließung und deren Wirkungen, über
die Anfechtung der Ehe u. s. f. erstreckt sich dieses Sonderrecht nicht;
die eherechtlichen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelten
1) Reichsverfassung Art. 35, Abs. 2; 38.
2) „Zu Art. 45 der Verfassung wurde anerkannt, daß auf den württembergischen
Eisenbahnen bei ihren Bau-, Betriebs- und Verkehrsverhältnissen nicht alle in diesem
Artikel aufgeführten Transportgegenstände in allen Gattungen von Verkehren zum
Einpfennigsatz befördert werden können.“ Der praktische Sinn dieser Bestimmung
ist der, daß die Einführung: des Einpfennigsatzes in Württemberg nicht ohne die Zu-
stimmung der württembergischen Regierung erfolgen kann.
3) Art. 52 der Reichsverfassung.
4) Schluisprotokoll vom 25. November 1870, Nr. 3.
5) Reichsverfassung Art. 4, Nr. 1.
6) Schlußprotokoll vom 23. November 1870, Z. I.