Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Erster Band. (1)

& 12. Die Rechte der Einzelstaaten. 121 
zugten Stellung einzelner Staaten hinsichtlich der Organisation 
des Reiches’). Solche Rechte haben 
a) Preußen. Dem Könige von Preußen steht das Präsidium 
des Bundes zu; dies schließt alle in der Reichsverfassung oder den 
Reichsgesetzen dem Kaiser oder Präsidium beigelegten Vorrechte in sich?). 
b) Bayern hat folgende Sonderrechte: 
a) Es hat sechs Stimmen im Bundesrat, während ihm nach 
dem in der Reichsverfassung zugrunde gelegten Prinzip, wo- 
nach jeder Staat soviele Stimmen im Bundesrat hat, als er 
in dem Plenum des ehemaligen Deutschen Bundes hatte, 
nur vier Stimmen zukommen würden). 
ß) Es hat einen ständigen Sitz in dem Bundesratsauschuß für 
das Landheer und die Festungen ?). 
y) Es führt den Vorsitz in dem Ausschuß für die auswärtigen 
Angelegenheiten °). 
6) Bayern hat den Anspruch auf die Stellvertretung im Vorsitz 
des Bundesrates®). 
e) Die bayerischen Gesandten sollen bevollmächtigt werden, die 
Reichsgesandten in Verhinderungsfällen zu vertreten’). 
c) Württemberg und Sachsen haben ständige Sitze in den 
Bundesratsausschüssen für das Landheer und die Festungen und für 
die auswärtigen Angelegenheiten ®). 
3) Endlich gibt es noch Sonderrechte, welche in finanziellen Be- 
günstigungen einzelner Staaten bestehen. Hierher gehören insbesondere 
einige durch die Zollvereinsverträge begründete und durch Art. 40 der 
Reichsverfassung aufrecht erhaltene Vorrechte. Dieselben werden an 
den betreffenden Stellen Erwähnung finden’). 
Das Wesen der Sonderrechte besteht darin, daß sie nur mit 
Zustimmung des berechtigten Staates aufgehoben werden können. 
Es ist dies in einzelnen Anwendungen anerkannt, z. B. im württem- 
bergischen Schlußprotokoll Ziff. 3, im bayerischen Schlußprotokoll Ziff. 4, 
1) Einige Schriftsteller bestreiten diesen Abweichungen von dem Prinzip der 
Gleichheit den Charakter der Sonderrechte ; so Anschütz S. 520. 
2) Reichsverfassung Art. 11. 
3) Reichsverfassung Art. 6. Einige Schriftsteller sind der Ansicht, daß die im 
Art. 6 normierten Stimmrechte für alle Einzelstaaten den Charakter des Sonder- 
rechts haben und unter dem Schutz des Art.78, Abs.2 stehen; namentlich Seyde], 
Kommentar S. 135 und in der Zeitschr. f. die deutsche Gesetzgebung von Behrend 
und Dahn, Bd. 7 (1875), S. 621ff.; Löning.a.a. 0.367; v. Rönnel,S.199 fg. Vgl. 
dagegen Hänel, Studien I, S.208fg.; Laband.a.a. O. S. 1510fg.; Zorn S. 118; 
Meyer 8 164, Note 25 u. A. 
4) Reichsverfassung Art. 8, Abs. 2. 5) Reichsverfassung Art. 8, Abs. 3. 
6) Schlußprotokoll vom 23. November 1870 Ziff. IX. 7) Schlußprotokoll Ziff. VII. 
8) Reichsverfassung Art. 8, Abs.2; württemb. Militärkonvent. Art. 15, Abs. 2; 
sächs. Militärkonvent. Art. 2. 
9) Sie sind zusammengestellt bei Labanda.a. O. S. 1512ff. Sie sind z.T. be- 
seitigt, z. T. ohne praktische Erheblichkeit.
	        
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