Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Erster Band. (1)

150 S 16. Die Rechte der Reichsangehörigen. 
lustig erklären, wenn er einer ausdrücklichen Aufforderung zum 
Austritte binnen der darin bestimmten Frist keine Folge leistet.« 
Unter fremden Staatsdiensten sind nur Dienste bei einem nicht 
zum Reiche gehörenden Staate zu verstehen; weder der Reichsdienst 
noch der Dienst bei einem anderen Bundesstaat ist ein fremder Staats- 
dienst. Dagegen ist ein feindliches Verhalten des außerdeutschen Staates 
nicht vorausgesetzt, der fremde Staat kann ein befreundeter (im Sinne 
des Reichsstrafgesetzbuchs TI. II, Abschn. 4) sein. Der Eintritt in seine 
Dienste kann gleichwohl eine Entfremdung vom Heimatsstaat bekun- 
den oder eine Kollision der übernommenen Amtspflichten mit der 
Treupflicht gegen den Heimatsstaat herbeiführen. Der Verlust der 
Staatsangehörigkeit zieht zwar auch in dem Falle des $ 22 den Verlust 
der Reichsangehörigkeit nach sich, aber nur deshalb, weil beide Eigen- 
schaften miteinander untrennbar verbunden sind; dagegen ist das Reich 
als solches bei der Entziehung der Staatsangehörigkeit nicht beteiligt, 
weder beim Erlaß der Aufforderung zur Rückkehr noch bei dem Be- 
schluß der Expatriierung. »Wenn jemand mit Erlaubnis seiner Re- 
gierung bei einer fremden Macht dient, so verbleibt ihm seine Staats- 
angehörigkeit« ($ 23 des angef. Gesetzes), d. h. er kann von seiner 
Regierung nicht durch Androhung der Entziehung der Staatsangehörig- 
keit zum Austritte genötigt werden '!). 
8 16. Die Rechte der Reichsangehörigen. 
Vollkommen entsprechend den ÜUntertanenpflichten gegen das 
Reich sind die reichsbürgerlichen Rechte. Es sind dies die ge- 
wöhnlichen staatsbürgerlichen Rechte innerhalb 
derdem Reiche zugewiesenen Kompetenz. Das Reichs- 
bürgerrecht enthält nichts, was nicht auch das Staatsbürgerrecht in 
dem souveränen Einheitsstaat enthalten würde; es ist nichts anderes 
als das Staatsbürgerrecht in denjenigen Beziehungen, in denen das 
Reich an die Stelle des Einzelstaates getreten ist. 
Der Begriff des Staatsbürgerrechts wird in der Literatur fast durch- 
weg in einem Sinne genommen, in welchem völlig verschiedenes zu- 
sammengeworfen wird. Man rechnet darunter teils die sogenannten 
politischen Rechte, teils die bürgerlichen Rechte, d. h. die Vorrechte 
des Einheimischen vor den Fremden, teils die sogenannten Freiheits- 
1) Riedel S.269. Unberührt hiervon bleibt die Frage, ob die Regierung eines 
Einzelstaates nach Landesrecht befugt ist, die Erlaubnis zum Eintritt in fremde Staats- 
dienste zu widerrufen; das Reichsgesetz entzieht einem solchen Widerruf nur die 
Wirkung, daß er den Verlust der Staatsangehörigkeit herbeiführt. Vgl. Seydel, 
Bayer. Staatsrecht I, S. 299. Selbst dies kann man mit Rücksicht auf die Fassung 
des 8 23 des Reichsgesetzes nicht für völlig zweifellos erklären; die Worte „mit Er- 
laubnis dient“ können aber ungezwungen so verstanden werden, daß die Erlaubnis 
als fortdauernd vorausgesetzt wird.
	        
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