Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Erster Band. (1)

8 20. Das Indigenat des Art. 3 der Reichsverfassung. 189 
steuern nur in demjenigen Bundesstaat herangezogen werden darf, in 
welchem er seinen Wohnsitz hat. Wenn ein Reichsangehöriger in 
keinem Bundesstaate einen Wohnsitz hat, so ist der Ort, an welchem 
er sich im Bundesgebiet aufhält, maßgebend ($2 Abs. 1). Das Gesetz 
]äßt also unberührt sowohl die Besteuerung von Ausländern, welche 
im Reichsgebiet wohnen oder sich aufhalten, als auch die Besteuerung 
von Reichsangehörigen, welche ihren Wohnsitz oder Aufenthalt außer- 
halb des Reichsgebiets haben ($ 5). Im Reichsgebiet aber sind alle 
Reichsangehörigen hinsichtlich der Heranziehung zu direkten Staats- 
steuern den Angehörigen des betreffenden Staates gleichgestellt und 
sie können von ihrem Heimatstaat nicht zur Entrichtung dieser Steuern 
herangezogen werden, wenn sie nicht im Gebiet desselben ihren Wohn- 
sitz haben. 
Von diesem Prinzip macht das Gesetz aber folgende Ausnahmen: 
1. Wenn ein Deutscher in seinem Heimatsstaat und außerdem in 
anderen Bundesstaaten einen Wohnsitz hat, so darfer nur im Heimats- 
staat besteuert werden ($ 2 Abs. 2)". 
2. Beamte des Reichs oder der Bundesstaaten dürfen nur in dem 
Bundesstaat des dienstlichen Wohnsitzes zu den direkten Staatssteuern 
herangezogen werden (8 2 Abs. 3), ohne Rücksicht auf ihre Staats- 
angehörigkeit oder auf einen Wohnsitz in einem andern Bundesstaat’). 
3. Der Grundbesitz und der Betrieb eines Gewerbes, sowie das aus 
diesen Quellen herrührende Einkommen dürfen nur in demjenigen 
Bundesstaat besteuert werden, in welchem der Grundbesitz liegt oder 
die Betriebsstätte?) zur Ausübung des stehenden Gewerbes unterhalten 
wird ($ 3 Abs. 1). Befinden sich Betriebsstätten desselben Unter- 
nehmers in mehreren Bundesstaaten, so darf die Heranziehung zu den 
direkten Staatssteuern in jedem Bundesstaate nur anteilig erfolgen (8 3 
Abs. 3). 
Wenn infolge einer Verletzung des Reichsgesetzes eine Doppelbe- 
steuerung eingetreten ist, so ist innerhalb eines Jahres nach der end- 
gültigen Feststellung der Doppelbesteuerung eine Beschwerde zulässig. 
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1) Das Ges. enthält keine Bestimmung für den Fall, daß ein Reichsangehöriger 
in seinem Heimatsstaate keinen Wohnsitz hat, wohl aber in mehreren anderen Bun- 
desstaaten ; ebensowenig für den Fall, daß er in mehreren Bundesstaaten Staatsan- 
gehörigkeit und Wohnsitz hat. In diesen Fällen kann er von allen Staaten, in wel- 
chen er seinen Wohnsitz hat, anteilsmäßig zu den Staatssteuern herangezogen wer- 
den. Das Doppelsteuergesetz $ 4 bestimmt, daß wenn ein Steuerpflichtiger für den- 
selben Zeitraum, für den er in einem Bundesstaat die von ihm dort eingeforderte 
direkte Steuer entrichtet hat, in einem anderen Bundesstaate zu einer gleich- 
artigen direkten Staatssteuer herangezogen wird, ihm diese auf Antrag bis zur 
endgültigen Entscheidung über das Recht und das Maß der Besteuerung zu stunden ist. 
2) Das Gesetz von 1870 hatte die Bestimmung, daß Gehalt, Pension, Wartegeld 
und Hinterbliebenenversorgung nur in demjenigen Staate zu besteuern sind, welcher 
die Zahlung zu leisten hat. Das Ges. von 1909 hat dies beseitigt. 
3) Das Ges. gibt im $3 Abs. 2 eine Definition, welche Anlagen als Betriebs- 
stätten im Sinne des Gesetzes gelten.
	        
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