212 8 24. Die staatsrechtliche Natur des Kaisertums.
um des Bundes; insbesondere die völkerrechtliche Vertretung des Bun-
des, die Berufung, Eröffnung und Schließung des Bundesrates und
Reichstages, die Ernennung des Bundeskanzlers, die Ausfertigung und
Verkündigung der Bundesgesetze, die Ernennung und Entlassung der
Bundesbeamten und die Oberaufsicht über alle Zweige der Bundes-
verwaltung‘). Der Bundesfeldherr dagegen hatte den Oberbefehl
über die gesamte Bundesarmee, die Oberaufsicht über die Vollzählig-
keit und Kriegstüchtigkeit aller Truppenteile, das Recht zur Inspektion
derselben, die Bestimmung des Präsenzstandes und der Gliederung der
Kontingente, die Befugnis, innerhalb des Bundesgebietes Festungen
anzulegen und die Mitglieder der Bundesratsausschüsse für das Land-
heer und die Festungen und für das Seewesen zu ernennen ’?). Ebenso
stand ihm als Bundesfeldherrn das Recht zu, jeden Teil des Bundes-
gebietes in Kriegszustand zu erklären, sowie die Vollstreckung einer
etwa erforderlichen Bundesexekution®. Der König von Preu-
Ben endlich hatte den Oberbefehl über die Bundeskriegsmarine und
die Bestimmung über Organisation und Zusammensetzung derselben‘).
Diese Dreiteilung war nicht zufällig oder lediglich Folge mangel-
hafter Fassung, sondern überlegt und beabsichtigt?).. Das»Bundes-
präsidium« wird nach der Verfassung des Norddeutschen Bundes
immer nur als die Spitze des Bundesrates und in engem Zusammen-
hange mit demselben gedacht); es ist in sehr vielen Fällen in seinen
Handlungen von der Zustimmung des Bundesrates und Reichstages
abhängig; die vom Bundespräsidium ernannten Beamten sind Bundes-
beamte’‘’); alle vom Bundespräsidium erlassenen Anordnungen bedür-
fen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung des Bundeskanzlers®). Die
Rechte dagegen, welche das Bundesoberhaupt als Bundesfeldherr oder
in seiner Eigenschaft als König von Preußen ausübt, erscheinen in
weniger engem Zusammenhange mit der Bundesorganisation. Die Offi-
1) Nordd. Bundesverf. Art. 11, 12, 15, 17, 18, 36, Abs. 2; Art. 50, 56 u. s. w.
2) Nordd. Bundesverf. Art. 62, 63, 64, 65; Art. 8, Abs. 2.
3) Ebenda Art. 69, 19. 4) Art. 53.
5) Bei der Beratung der Verfassung wurde allerdings die Ansicht geäußert, daß
diese Ausdrücke identisch seien. Vgl. Stenogr. Berichte 1867, Bd. 1, S. 354, 358. Volle
Klarheit über die Tragweite, welche diese verschiedenen Bezeichnungen in dem Ent-
wurf zur Bundesverfassung hatten, verdanken wir aber der trefflichen Erörterung von
Hänel, Studien II, S. 9ff. (1880). Er zeigt, daß nach der ursprünglich in Aussicht
genommenen Struktur des Bundes innerhalb der Kompetenz desselben die Sphäre
des Bundesrates, in welchem Preußen die Präsidialbefugnisse haben sollte, und die
Sphäre der preußischen Hegemonie zu unterscheiden waren, und daß innerhalb der
letzteren Preußen die ihm durch die Bundesverfassung zugewiesenen Befugnisse nur
„mittelst seiner eigenen Staatsgewalt und nur durch seine eigenen Organe“
ausüben sollte. Diese Tendenz hat in der Verfassung des Norddeutschen Bundes
deutliche Spuren zurückgelassen.
6) Vgl. besonders Art. 7 und Art. 8, Abs. 2; Art. 11, Abs. 2; Art. 16; Art. 37,
Abs. 2; Art. 56, Abs. 1; Art. 61, Abs. 2.
7) Art. 18. 8) Art. 17.