Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Erster Band. (1)

8 24. Die staatsrechtliche Natur des Kaisertums. 213 
ziere, Beamten und Mannschaften der Marine wurden nach der Nord- 
deutschen Bundesverfassung nicht für den Bund, sondern »für Se. Ma- 
jestät den König von Preußen« vereidet!); in den Fahneneid der Trup- 
pen wurde die Klausel aufgenommen, »den Befehlen des Bundes. 
feldherrn unbedingt Folge zu leisten«?); für die Anordnungen des 
Bundesfeldherrn war nach der Verfassung des Norddeutschen Bundes 
das Erfordernis der Kontrasignatur des Bundeskanzlers nicht vorge- 
schrieben ?); die Geschäfte der Marine- und Heeresverwaltung ressor- 
tierten nicht vom Bundeskanzleramte. Eine einheitliche Bezeichnung 
für den Träger dieser Rechte hat erst das Norddeutsche Straf- 
gesetzbuch Art. 80, 94, 95 eingeführt, welches ihn als»Bundes- 
oberhaupt« bezeichnete und zu den in der Verfassung begründe- 
ten staatsrechtlichen Befugnissen desselben einen ausgezeichneten straf- 
rechtlichen Schutz gegen Beleidigungen hinzufügte ?). 
Bei Feststellung der Verträge mit den süddeutschen Staaten ist 
die oben berührte Dreiteilung nicht verschwunden; es ist zunächst 
nur an einer Stelle der Kaisertitel eingefügt worden, nämlich in 
Art. 11, Abs. 1: 
»Das Präsidium des Bundes steht dem Könige von 
Preußen zu, welcher den Namen Deutscher Kaiser 
führt.« 
In der am 31. Dezember 1870 publizierten Verfassung des Deut- 
schen Bundes ist zwar im Art. 19 der Ausdruck Bundesfeldherr durch 
den Ausdruck Bundespräsidium ersetzt, der Art. 53 aber erwähnt den 
»preußischen« Oberbefehl über die Marine und bestimmt, daß die Or- 
ganisation und Zusammensetzung derselben »Sr. Majestät dem Könige 
von Preußen« zusteht, und in den Art. 62—68 erscheint der »Bundes- 
feldherr« wie in der früheren Verfassung des Norddeutschen Bundes. 
Das gleiche ist der Fall in der Württembergischen Militärkonvention, 
welche an keiner Stelle das Bundespräsidium erwähnt, sondern nur 
von »Sr. Majestät dem Könige von Preußen als Bundesfeldherrn« 
oder dem »Bundesfeldherrn« schlechthin spricht, und in dem Vertrage 
mit Bayern vom 23. November 1870 unter III, 8 5, III, IV, der eben- 
falls nur den Bundesfeldherrn in militärischen Angelegenheiten kennt’). 
1) Art. 53, Abs. 1. 
2) Art. 64; Kabinettsordre vom 14. Dezember 1867; Koller, Archiv I, S. 678; 
Thudichum, Bundesverf. S. 382, Note 2. 
3) Hiersemenzel, Verf. des Nordd. Bundes S. 77; Grotefend, Staats- 
recht $ 771, Note 3. Die Frage war übrigens kontrovers; vgl. Meyer, Grundzüge 
S. 83 und Erörterungen S. 48. 
4) Die Annahme Knitschkys, Hochverrat S. 125, daß dadurch eine Aenderung 
der staatsrechtlichen Stellung des Königs von Preußen begründet und er als „Inhaber 
der Landeshoheit im Reiche“ angesehen werde, ist nicht gerechtfertigt. 
5) Dagegen wird in dem Schlußprotokoll Ziff. VIE die Bevollmächtigung der 
bayer. Gesandten zur Vertretung der Bundesgesandten zugesichert „von Sr. Majestät 
dem Könige von Preußen kraft der Allerhöchstihm zustehenden Präsidialrechte“.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.