Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Erster Band. (1)

258 & 29. Der Bundesrat als Organ des Reiches. 
des Bundesratsbeschlusses besteht darin, daß die Regierungen der Ein- 
zelstaaten verpflichtet sind, ihre Landesbehörden zur Beobachtung 
desselben anzuhalten. Vgl. oben 8 11. 
Der Grundsatz, daß Administrativverordnungen vom Bundesrate 
zu beschließen sind, gestattet aber Ausnahmen. Der Art. 7 fügt daher 
der Nr. 2 die Klausel zu: 
»ssofern nicht durch Reichsgesetz etwas An- 
deres bestimmt ist«e. 
Dieses andere kann darin bestehen: 
a) daß die Zustimmung des Reichstages vorbehalten oder die Form 
des Reichsgesetzes erforderlich ist; 
b) daß dem Kaiser der Erlaß der Ausführungsverordnung über- 
tragen wird; 
c) daß der Reichskanzler oder eine andere Reichsbehörde 
die erforderlichen Vorschriften erlassen soll; 
d) daß die Einzelstaaten die zur Ausführung der Reichs- 
gesetze notwendigen Anordnungen zu treffen haben. 
Im allgemeinen hat die Reichsgesetzgebung an dem Grundsatz 
festgehalten, daß Ausführungsverordnungen und überhaupt allgemeine 
Regeln für die Verwaltung vom Bundesrate zu erlassen sind; dessen- 
ungeachtet enthält die Reichsgesetzgebung für jede der 4 angegebenen 
Abweichungen von der Regel des Art. 7, Ziff. 2 nicht wenige An- 
wendungsfälle, welche in ihrem sachlichen Zusammenhange bei der 
Darstellung der einzelnen Verwaltungszweige zur Erörterung gelangen 
werden. 
2. Der Bundesrat beschließt ferner nach Art. 7, Ziff. 3 der Reichs- 
verfassung: 
»über Mängel, welche bei der Ausführung der 
Reichsgesetze oder der vorstehend erwähnten 
Vorschriften oder Einrichtungen hervortreten«. 
Der Sinn dieser Bestimmung ist wegen der sehr schlechten Fassung 
derselben schwer zu ermitteln. In den beiden ersten Kategorien des 
Art. 7ist das Objekt des Beschlusses angegeben, die an den Reichstag 
zu bringende Vorlage oder die Genehmigung oder Verwerfung des vom 
Reichstage gefaßten Beschlusses und die zu beschließende Verwaltungs- 
verordnung; bei der dritten Kategorie ist das Motiv oder die Ver- 
anlassung des Beschlusses hervorgehoben. Denn der Bundesrat 
beschließt nicht die Mängel, welche hervortreten, sondern er faßt einen 
Beschluß wegen der Mängel, welche hervortreten. Auch die Abstel- 
lung dieser Mängel!) ist nicht der Inhalt, sondern der Zweck seines 
Beschlusses. 
Werden die Mängel hervorgerufen durch ein Reichsgesetz selbst, 
indem sich bei richtiger Anwendung desselben zeigt, daß es auf die 
1) So umschreibt z. B. Riedel S. 24 diese Verfassungsbestimmung.
	        
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