8 834. Die Bildung des Reichstages. Das Wahlrecht. 3283
Aktiv legitimiert zur Stellung derartiger Anträge ist jeder, auch
derjenige, der in dem Wahlbezirk nicht mitzustimmen befugt ist, ja
der überhaupt kein Wahlrecht hat. Auch Weiber, Kinder, Nichtdeutsche
können Anträge auf Berichtigung der Wahlliste stellen!, Denn es
handelt sich hier nicht um die Geltendmachung eines subjektiven
Rechts, sondern um eine Mitwirkung bei Erfüllung der den Orts-
vorständen obliegenden Pflicht, die Wählerlisten so korrekt
wie möglich herzustellen. Selbst wenn ein Wahlberechtigter, der in
der Liste übergangen ist, ausdrücklich erklärt, daß er in dieselbe nicht
aufgenommen werden wolle, so kann doch von jedem anderen seine
Aufnahme verlangt werden. Es steht somit Wahlvereinen oder ein-
zelnen für die Wahlen sich interessierenden Personen frei, die Listen
einer umfassenden Revision zu unterwerfen und alle dabei entdeckten
Unrichtigkeiten und Unvollständigkeiten zur Anzeige zu bringen.
Der Antrag ist binnen acht Tagen nach dem Beginn der vorschrifts-
mäßig bekannt gemachten Auslegung der Listen zu stellen. Später
erhobene Reklamationen brauchen nicht berücksichtigt zu werden.
Die Anträge sind bei dem mit der Anfertigung der Liste betrauten
Gemeindevorstand zu stellen, dem es freisteht, dafür einen Kommissar
zu ernennen, oder eine Kommission niederzusetzen. Die Anträge
müssen schriftlich eingereicht?) oder zu Protokoll erklärt werden und
soweit sie sich auf Behauptungen stützen, welche nicht notorisch (orts-
kundig) sind, mit den erforderlichen Beweismitteln versehen sein.
Wird die Erinnerung sofort für begründet erachtet, so erfolgt ohne
weiteres die Berichtigung der Liste. Ist eine Prüfung erforderlich, so
erfolgt eine Entscheidung über den Antrag durch die zuständige Be-
hörde°). Ein kontradiktorisches Verfahren ist in keinem Falle vorge-
schrieben; jedoch ist es nicht ausgeschlossen, denjenigen, dessen
Streichung beantragt worden ist, sofern es tunlich ist, zu Gehör zu
verstatten. Die Entscheidung ist durch Vermittlung des Gemeinde-
vorstandes den Beteiligten bekannt zu machen‘). Unter den Beteiligten
sind wohl die Reklamanten und die auf Grund der Reklamation nach-
träglich in die Listen aufgenommenen oder aus denselben gestrichenen
Personen zu verstehen. Eine Rechtswirkung ist an die Unterlassung
der Benachrichtigung übrigens nicht geknüpft.
Gegen die Entscheidung der, zuständigen Behörde gibt es kein
1) Mit Unrecht beschränkt Thudichum S.140 diese Befugnis auf die Bundes-
angehörigen.
2) Daß sie eine Namensunterschrift -haben, kann nicht als erforderlich erachtet
werden, da die Befugnis zur Stellung solcher Anträge an keine Voraussetzung ge-
bunden ist, es sonach unerheblich ist, von wem der Antrag ausgeht.
3) Welche Behörde dies ist, ergibt sich aus der Anlage D zum Wahlreglement.
In den ländlichen Bezirken ist es regelmäßig die Kreisbehörde (Landrat, Amtmann,
Kreisdirektor, Bezirksamt), in den städtischen der Magistrat; in den Stadtkreisen in
Elsaß-Lothringen der Bezirkspräsident.
4) Wahlreglement 8 3, Abs. 3.