Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Erster Band. (1)

& 43. Die richterlichen Reichsbehörden. 415 
richterlichen Stellung entsprechende Charakter der Unabsetzbarkeit 
für die Mitglieder der Disziplinargerichte insoweit gewahrt, als dies 
bei einem Nebenamte tunlich ist. Die Mitglieder werden vom Bundes- 
rate gewählt, vom Kaiser ernannt und für die Erfüllung der Obliegen- 
heiten ihres Amtes verpflichtet!.. Die Geschäftsordnung der Diszi- 
plinarbehörden wird durch ein vom Disziplinarhof zu entwerfendes 
und vom Bundesrat zu bestätigendes Regulativ normiert?). Das- 
selbe ist vom 18. April 1880 datiert und im Zentralblatt 1880, S. 203 
veröffentlicht worden). Die prozessualischen Grundsätze des Diszi- 
plinarverfahrens sind in dem Reichsbeamtengesetz $ 80 ff., besonders 
8 94 ff., festgestellt. Besondere Vorschriften für die richterlichen 
Militärjustizbeamten des Heeres und der Marine sind ergangen in dem 
Reichsgesetz vom 1. Dezember 1898, welches eine Ergänzung 
der Militärstrafgerichtsordnung bildet und gleichzeitig mit ihr in Kraft 
getreten ist. 
Als Reichsdisziplinargerichte fungieren folgende Behörden. 
1. Disziplinaruntergerichte. a) Die Disziplinar- 
kammern. 
Die Errichtung von Disziplinarkammern ist durch $ 87 des zitier- 
ten Gesetzes angeordnet an folgenden Orten: Potsdam, Frankfurt a. O., 
Königsberg, Danzig, Stettin, Köslin, Bromberg, Posen, Magdeburg, 
Erfurt, Breslau, Liegnitz, Oppeln, Münster, Arnsberg, Düsseldorf, Köln, 
Trier, Darmstadt, Frankfurt a. M., Kassel, Hannover, Schleswig, Leip- 
zig, Karlsruhe, Schwerin, Lübeck und Bremen. Es ist aber dem Kaiser 
das Recht vorbehalten, im Einvernehmen mit dem Bundesrat auch 
an anderen Orten Disziplinarkammern zu errichten. In Ausübung 
dieses Rechtes sind Disziplinarkammern in Stuttgart und Straßburg 
errichtet worden‘). 
Den einzelnen Disziplinarkammern sind bestimmte Jurisdiktions- 
bezirke zugewiesen, welche vom Kaiser im Einvernehmen mit dem 
Bundesrate abgegrenzt werden ($ 88, Abs. 1). Die Feststellung dieser 
Bezirke ist erfolgt durch die Verordnung vom 11. Juli 1873 (Reichs- 
Bundesrate zu verstehen. — „Richterliche Mitglieder einer Disziplinarkammer, welche, 
wenn auch ohne den Bezirk derselben zu verlassen, in ein höheres Richteramt be- 
fördert werden, hören dadurch auf, Mitglieder der Disziplinarkammer zu sein.“ Bun- 
desratsbeschluß vom 31. Mai 1876 (Protokolle 1876, $ 192). 
1) Reichsbeamtengesetz $ 9. 2) Zit. Gesetz S 92. 
3) Diese „Geschäftsordnung“ ist an die Stelle des Regulativs von 1873 (Zentral- 
blatt S. 390) getreten. 
4) Die Kaiserliche Verordnung vom 7. Januar 1874 wegen Errichtung der Kam- 
mer in Straßburg mit dem Bezirk Elsaß-Lothringen ist im Reichsgesetzbl. von 1874, 
S. 3 publiziert. Die Kaiserliche Verordnung wegen Errichtung der Kammer in Stutt- 
gart ist nicht publiziert worden; die Kammer in Stuttgart wird aber in der Verord- 
nung vom 11. Juli 1873 über die Abgrenzung der Bezirke der Disziplinarkammern 
mit aufgeführt. In der Fassung des Gesetzes v. 18. Mai 1907 sind dagegen die Kam- 
mern in Straßburg und Stuttgart nicht aufgeführt worden.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.