430 8 44. Der Begriff der Reichsbeamten.
lich, welche Beamte als Reichsbeamte anzusehen seien. Es muß daher
zunächst dieser allgemeinere Begriff, über den weder in der Litera-
tur Uebereinstimmung besteht, noch der Sprachgebrauch Sicherheit
gewährt, festgestellt werden. Die Bildung des Wortes weist auf den
Begriff des »Amtes« zurück!) und es erscheint als sehr naheliegend,
denjenigen, dem ein Staatsamt übertragen ist, einen Staatsbeamten >)
und dem entsprechend denjenigen, dem ein Reichsamt übertragen ist,
einen Reichsbeamten zu nennen. Dies ist nur in einer Beziehung zu-
treffend, insofern nämlich die Anstellung eines Beamten nicht anders
erfolgen kann, als zu dem Zwecke der Uebertragung eines Amtes
und in der Regel die Ernennung zum Beamten und die Ueber-
tragung eines Geschäftskreises gleichzeitig erfolgen. Aber es kann je-
mand sehr wohl Beamter bleiben, ohne daß er ein Amt ver-
waltet, indem er zur Disposition gestellt, von Amte suspendiert oder
beurlaubt ist. Andererseits ist es auch möglich, daß jemand zum Be-
amten ernannt wird, die Uebertragung eines bestimmten Amtes aber
noch vorbehalten bleibt. Es ist somit die Möglichkeit nicht ausge-
schlossen, daß es Beamte ohne Amt gibt.
Ebensowenig decken sich der Begriff des Amtes und derjenige des
Beamten in der Richtung, daß jeder, welcher ein Staatsamt übernimmt,
dadurch zum Staatsbeamten würde. Der Begriff des Amtes ist weiter
als der des Beamten; es gibt Behörden, deren Mitglieder nicht Beamte
zu sein brauchen. Ein Schwurgericht ist zweifellos eine Behörde und
die Funktionen eines Geschworenen sind ein Amt, aber ein Geschwo-
rener ist dessen ungeachtet kein Beamter °.. Es gehört vielmehr zum
Reichsges. v. 17. Mai 1907 (RGBl. S. 201). Auf Grund der im Art. 3 dieses Gesetzes
enthaltenen Ermächtigung hat der Reichskanzler das Gesetz neu redigiert und diese
Fassung im RGBl. 1907 S. 245 unter dem Titel Reichsbeamtengesetz am
18. Mai 1907 bekannt gemacht. Die ältere Literatur ist durch die Gesetzesände-
rungen teilweise antiquiert. Hervorzuheben sind als jetzt noch brauchbar Rehm,
Die rechtl. Natur des Staatsdienstes in Hirths Annalen 1884, S. 565 ff. u. 1885 S. 65 ff.;
Jellinek, System S. 177ff.; Löning, Verwaltungsr. $ 24ff.; G. Meyer-An-
schütz, Staatsr. 8 142ff.; Perels u. Spilling, Das RBG., 2. Aufl., Berl. 1906;
Pieper, Das RBG., 2. Aufl. 1901; Otto Mayer, Verwaltungsr. Bd. IL, S. 195 ff.;
Brand, Das RBG., 2. Aufl. 1907; Binding, Lehrb. des Strafrechts. Bes. Teil.
Bd. II, S. 381 ff. Erwähnenswert ist, auch für das Reichsrecht, der Kommentar von
M. Reindl zum Bayer. Beamtenges. v. 16. Aug. 1908.
1) Ueber denselben oben S. 365 ff.
2) In der älteren Literatur ist diese Begriffsbestimmung sehr üblich; vgl. z. B.
Leist, Staatsrecht 899; Maurenbrecher, Grundsätze des heutigen deutschen Staats-
rechts $ 159 (S. 278); Zöpfl Bd. 2, 8 513, Ziff. 3 (S. 772); v. Pözl in Bluntschli und
Braters Staatswörterbuch IX, S. 686; Grotefend 8 668; Schulze, Preuß. Staats-
recht I, S. 315 u. v. a.
3) Die Mitglieder des Beirats für das Auswanderungswesen, des Versicherungs-
beirats, der Zentraldirektion der Monumenta Germaniae, der technischen Kommission
für Seeschiffahrt, der Kommission für Arbeiterstatistik, des Börsenausschusses; die
Beisitzer der Berufungskammer in Börsen-Ehrengerichtssachen, die Schiffahrtskundigen
Beisitzer des Oberseeamts, die außerordentlichen Mitglieder des Reichsgesundheits-