Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Erster Band. (1)

8 44. Der Begriff der Reichsbeamten. 431 
Begriff eines Staatsbeamten außer der Uebernahme eines Staatsamtes 
noch ein zweites Begriffsmoment, nämlich der Eintritt in ein Dienst- 
verhältnis zum Staate. 
Eine ausdrückliche Anerkennung hat diese Begriffsverschiedenheit 
in der Reichsgesetzgebung gefunden und zwar im Strafgesetzbuch. 
S 399. »Unter Beamten im Sinne dieses Strafgesetzes sind zu 
verstehen alle im Dienste des Reiches oder in unmittelbarem Dienste 
eines Bundesstaates, auf Lebenszeit, auf Zeit oder nur vorläufig an- 
gestellte Personen, ohne Unterschied, ob sie einen Diensteid ge- 
leistet haben oder nicht, ingleichen Notare, nicht aber Advokaten und 
Anwalte.« 
Dagegen lautet $ 31, Abs. 2: »Unter öffentlichen Aemtern 
im Sinne dieses Sirafgesetzes sind die Advokatur, die Anwaltschaft 
und das Notariat, sowie der Geschworenen- und Schöffendienst mit- 
begriffen.« 
Das Strafgesetzbuch gibt an diesen beiden Stellen allerdings keine 
allgemein gültigen Begriffsbestimmungen, sondern erklärt nur »Beamte« 
und »Aemter« im Sinne dieses Strafgesetzes; aber es kon- 
statiert doch, daß diese Begriffe von verschiedenem Umfange sind. 
Im Einklange hiermit steht, daß die mit Uebernahme eines Amtes 
verbundenen Pflichten nicht identisch sind mit den Pflichten eines 
Beamten. Das Strafgesetzbuch behandelt im 28. Abschnitt (8 331 ff.) 
die Verbrechen und Vergehen sim Amte«. Es spricht im $ 333 von 
der Verleitung eines Mitgliedes der bewaffneten Macht zu einer Ver- 
letzung einer Amts- oder Dienstpflicht, im $ 334 von Amtsverletzungen 
der Schiedsrichter, Geschworenen und Schöffen, im $ 337 und 338 von 
Geistlichen und anderen Religionsdienern, im $ 352 und 356 von Ad- 
vokaten, Anwalten und anderen Rechtsbeiständen. 
Alle diese Personenklassen sind keine Staatsbeamten, aber sie haben 
ein Amt und können deshalb Verbrechen und Vergehen »im Amte« 
verüben. Dagegen sprechen die Disziplinargesetze stets nur von Dienst- 
vergehen der Beamten, so auch 8 72 des Reichsbeamtengesetzes, 
und dasselbe Gesetz erklärt im $ 119, daß die Vorschriften der 
8S$ 84—118 auch in Ansehung der einstweilig in den Ruhestand ver- 
setzten Beamten gelten. Ein Dienstvergehen kann daher auch 
derjenige begehen, welcher kein Amt hat, wofern er nur Beamter ist, 
d. h. im Staatsdienste steht. 
Da es sonach Beamte gibt, welche kein Amt verwalten, und 
andererseits Verwalter von Öffentlichen Aemtern, welche nicht Beamte 
sind, so folgt, daß nicht das Amt für den Begriff des Beamten aus- 
schlaggebend ist. Charakteristisch ist vielmehr das Dienst- 
verhältnis. 
amts, die Mitglieder des Reichsbankkuratoriums und der Reichsschuldenkommission, 
die Beisitzer der Konsulargerichte und Schutzgebietsgerichte u. s. w. sind als solche 
keine Beamte, haben aber unzweifelhaft ein Amt.
	        
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