Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Erster Band. (1)

444 $ 44. Der Begriff der Reichsbeamten. 
Die Verschiedenheit des Dienstherrn, die natürlich auch eine 
Verschiedenheit des einen Kontrahenten der Anstellungsverträge in sich 
schließt, ist das entscheidende Kriterium. Deshalb sind auch nur die 
vom Kaiser ernannten Behörden und Beamten als »kaiserliche« zu 
bezeichnen '!). 
Indes bestimmt das Reichsbeamtengesetz 81: »Reichs- 
beamter im Sinne dieses Gesetzes ist jeder Beamte, welcher 
entweder vom Kaiser angestellt oder nach Vorschrift der Reichsver- 
fassung den Anordnungen des Kaisers Folge zu leisten verpflichtet ist«). 
Es gibt sonach zwei Klassen von Reichsbeamten im Sinne dieses 
Gesetzes. 
1. Die erste Klasse bilden die vom Kaiser oder in seinem Auftrage 
kraft Delegation angestellten Beamten des Reiches. Da der Art. 18 der 
Reichsverfassung bestimmt: »Der Kaiser ernennt die Reichsbeamten«, 
so ist die Begriffsbestimmung dieser Klasse nichtssagend. Es kann 
zwar Reichsbehörden geben, welche der Kaiser nicht oder nicht 
ausschließlich besetzt; aber nach dem Art. 18 versteht es sich für die 
Reichs beamten von selbst, daß sie vom Kaiser oder in dessen Na- 
men kraft kaiserlicher Ermächtigung ernannt sind’). Die erste Kate- 
gorie des $ cit. sagt weiter nichts als: Reichsbeamter im Sinne dieses 
Gesetzes ist jeder Beamte, welcher Reichsbeamter ist. 
Eine praktische Bedeutung erlangt die Definition des $1 lediglich 
wegen der Hinzufügung der zweiten Kategorie. 
2. Die zweite Klasse umfaßt Personen, welche nicht Reichsbe- 
amte, sondern Beamte der Einzelstaaten sind, trotzdem aber nach 
Vorschrift der Reichsverfassung den Anordnungen des Kaisers Folge 
zu leisten verpflichtet sind. Der $ 1 will sagen: Dieses Gesetz findet 
Anwendung nicht nur auf die Reichsbeaniten, sondern auch auf die- 
jenigen Beamten der Einzelstaaten, welche u.s. w. Durch 
die Gesetze vom 2. Juni 1869 und vom 31. März 1873 sind die prak- 
tischen Uebelstände zum Teil beseitigt worden, welche sich aus den 
Anordnungen der Reichsverfassung über die Anstellung der Beamten 
der Post- und Telegraphenverwaltung und über das Heerwesen ergeben 
mußten. Die im Art. 50, Abs. 5 der Reichsverfassung aufgeführten 
Post- und Telegraphenbeamten werden nicht vom Kaiser, sondern von 
1900, S. 353 fg.; jedoch ist es eine starke Uebertreibung, wenn er darin findet eine 
Fortbildung „des Grundgedankens des Reichsverfassungsrechts, daß Bayern das Vize- 
präsidium im Bunde besitzt, der König von Bayern eine Art Mitregent, Mitkaiser im 
Reiche ist“; es handelt sich lediglich um eine Nachwirkung oder besondere Ausprä- 
gung des bayerischen Sonderrechts in Militärsachen. 
1) Erlaß vom 3. August 1871, Ziff. 1. Reichsgesetzbl. S. 318. 
2) Diese Definition ist wörtlich entnommen dem Gesetz vom 2. Juni 1869 über 
die Kautionen der Bundesbeamten $ 1 (Bundesgesetzbl. S. 161); nur daß hier selbst- 
verständlich statt „Kaiser“ „Bundespräsidium“ stand. 
3) Die vom Bundesrat gewählten Mitglieder von Beiräten sind keine Reiclıs- 
beamte. Siehe oben S. 480, Note 3.
	        
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