8 45. Die Anstellung der Reichsbeamten. 453
punkte an entsteht für den Beamten die Pflicht zum dienstlichen Ge-
horsam, zur Befolgung der Disziplinarvorschriften, die Beschränkung
hinsichtlich der Uebernahme anderer Aemter u. s. w., und ebenso die
Befugnis zur Führung des Amtstitels und der übrigen mit der Beamten-
stellung verbundenen Vorrechte, z. B. der Steuerbevorzugungen. Hier-
von gibt es aber zwei Ausnahmen:
a) Der Anspruch auf ein Diensteinkommen beginnt in Ermange-
lung besonderer Festsetzungen, nicht mit dem Tage der Aushändigung
der Bestallung, sondern mit dem Tage des Amtsantritts, falls mit
dem übertragenen Amte ein Diensteinkommen verbunden ist. (Reichs-
gesetz & 4)!.. Derselbe Grundsatz findet auch Anwendung auf Ver-
setzungen und Beförderungen, wenn dieselben eine Veränderung des
Diensteinkommens zur Folge haben ?).
b) Das sogen. Besoldungsdienstalter, d. h. die der Berechnung des
Gehalts und der Pension zu Grunde zu legende Dienstzeit, beginnt
mit dem Tage der Anstellung in der jeweiligen etatsmäßigen
Stelle und als Tag der Anstellung gilt der Tag, von dem ab das
Diensteinkommen der Stelle bezogen wird. Jedoch kann eine Anrech-
nung der in außeretatsmäßigen Dienststellen verbrachten Zeit inner-
halb gewisser Grenzen erfolgen °).
5. Die Ableistung eines Diensteides ist zur Perfektion des
Anstellungsvertrages nicht erforderlich, wohl aber zur Uebernahme
eines Reichsamtes').
»Vor dem Dienstantritt ist jeder Reichsbeamte auf die Erfül-
lung aller Obliegenheiten des ihm übertragenen Amtes eidlich
zu verpflichten.« ($ 3 des Beamtengesetzes).
Die Möglichkeit, daß ein Beamter auch schon vor Ableistung des
Eides im Reichsdienste Verwendung findet, ist nicht ausgeschlossen ;
sie wird im 8 45, Abs. 2 des Reichsgesetzes ausdrücklich erwähnt.
Wenn ein Beamter vor seiner Vereidigung bereits ein Amt verwaltet,
so ist seine Verantwortlichkeit ganz dieselbe, als hätte er den Dienst-
eid abgeleiste. Ausdrücklich ist dies in Beziehung auf die strafrecht-
sammenfallen, diejenige dieser beiden Tatsachen, welche zuerst eintritt. Ueber
die verschiedenen in der Literatur aufgestellten Ansichten vgl. G. Meyer 8 145, N. 20.
1) Die Regel ist dispositives Recht; es kann demnach in der Bestallung der
Zeitpunkt, von dem an das Gehalt zu bezahlen ist, hinausgeschoben oder auf einen
schon vergangenen Tag, z.B. den Anfang des Vierteljahres oder Monats, zurückdatiert
werden. Enthält die Bestallung darüber nichts, so entscheidet der Tag, an dem die
Amtsgeschäfte tatsächlich übernommen worden sind. Unter Umständen — wenn z.B.
der Beamte sogleich um Urlaub bittet — kann dies erheblich später sein, als der
Beginn der Beamteneigenschaft. Auch hier zeigt sich der Gegensatz zwi-
schen der Verpflichtung, ein Amt zu übernehmen, von der Verwendung des Verpflich-
teten zur Führung eines bestimmten Amtes, dem Dienstantritt.
2) Entscheidung des Reichsoberhandelsgerichts von 1877, Bd. 21, S. 380 fg.
3) Besoldungsges. v. 15. Juli 1909, $ 6 ff.
4) In den Motiven S. 31 wird richtig hervorgehoben, daß die Eigenschaft eines
Beamten als Reichsbeamter nicht durch die vorherige Ableistung des Eides bedingt wird.