494 8 45. Die Anstellung der Reichsbeamten.
liche Verantwortlichkeit für Verbrechen und Vergehen im Amt durch
das Strafgesetzbuch $ 359 anerkannt!).
Die allgemeine Formel des Diensteides der unmittelbaren
Reichsbeamten ist durch Verordnung vom 29. Juni 1871 (Reichsgesetz-
blatt S. 305) festgestellt worden. Sie lautet:
Ich N. N. schwöre zu Gott dem Allmächtigen und Allwissen-
den, daß, nachdem ich zum Beamten des Deutschen Reiches
bestellt worden bin, ich in dieser meiner Eigenschaft Seiner
Majestät dem Deutschen Kaiser treu und gehorsam sein, die
Reichsverfassung und die Gesetze des Reiches beobachten und
alle mir vermöge meines Amtes obliegenden Pflichten nach
meinem besten Wissen und Gewissen genau erfüllen will, so
wahr mir Gott helfe« u. s. w.
Durch spezielle gesetzliche Vorschriften sind aber andere Eides-
formeln angeordnet für die Konsuln ?) und für den Vorsitzenden und
die Mitglieder der Verwaltung des ehemaligen Reichsinvalidenfonds °),
sowie für den Präsidenten und die militärischen Mitglieder des Reichs-
militärgerichts ®).
Hinsichtlich der mittelbaren Reichsbeamten bestimmt Art. 50
der Reichsverfassung, daß in den Diensteid der Beamten der Post-
und Telegraphenverwaltung die Verpflichtung aufzunehmen ist, »den
kaiserlichen Anordnungen Folge zu leisten«e.. Durch einen Bundesrats-
beschluß ist dieselbe Formel auch für die anderen mittelbaren Reichs-
beamten (Militärbeamte) angeordnet worden’).
6. Die öffentliche Bekanntmachung der Ernennung von Reichs-
beamten oder der Uebertragung eines Reichsamtes ist gesetzlich nicht
vorgeschrieben; dieselbe findet aber in jedem Falle statt. Für die Be-
gründung des Dienst verhältnisses ist die Bekanntmachung unwesent-
lich; hinsichtlich der Uebertragung eines Amtes muß dieselbe aber
für erforderlich erachtet werden, wofern mit dem Amte obrigkeitliche
Befugnisse oder eine Vertretungsbefugnis zum Abschluß von Rechts-
geschäften verbunden ist, um den Beamten Dritten gegenüber zu legi-
timieren. Ueber die Form der Bekanntmachung fehlt es sowohl an ge-
setzlichen Vorschriften als an festen Grundsätzen der Praxis. Manche
Ernennungen wurden bis inkl. 1872 durch das Reichsgesetzblatt bekannt
gemacht ®), nämlich außer der des Reichskanzlers die der Konsuln,
1) „Unter Beamten im Sinne dieses Strafgesetzes sind zu verstehen alle... Per-
sonen, ohne Unterschied, ob sie einen Diensteid geleistet haben oder nicht.“
2) Gesetz vom 8. November 1867, $ 4 (Bundesgesetzbl. S. 138).
3) Gesetz vom 23. Mai 1873, $ 12. Ueber die Mitglieder der Reichsschuldenver-
waltung siehe oben S. 406.
4) Militärstrafgerichtsordnung $ 75, 82.
5) Er wird — ohne Angabe des Datums — erwähnt in den Motiven zum Reichs-
beamtengesetz v. 1873, S. 31.
6) Wäre die Theorie richtig, daß jede Anstellung eines Beamten eine lex spe-
cialis sei, so würde sie, da Art. 2 der Reichsverfassung keine Ausnahme kennt, nur