8 48. Die Rechtsfolgen der Pflichtverletzung. 479
handelt hat. Dies ist aber nur ein Redaktionsversehen. Die Praxis
hat den $ 154 so ausgelegt, daß er die prozessuale Zuständigkeit in
demselben Umfange regelt wie 8 15 die Verantwortlichkeit des Beamten,
also auch eine aus Irrtum oder Sorglosigkeit vorgenommene (und des-
halb pflichtwidrige) Handlung oder Unterlassung umfaßt !).
f} Wenn ein Reichsbeamter (im Sinne des 8 1 des RBG., also ein
unmittelbarer oder mittelbarer Reichsbeamter) in Ausübung der ihm
anvertrauten öffentlichen Gewalt die ihm einem Dritten gegen-
über obliegende Amtspflicht verletzt, so finden die in dem Reichs-
gesetz vom 22. Mai 1910 (Reichsgesetzblatt S. 798) sanktionierten Re-
geln Anwendung’). An Stelle des Beamten haftet das Reich dem
Dritten für den diesem aus der Amtspflichtverletzung entstandenen
Schaden. Die öffentliche Gewalt, welche der Reichsbeamte kraft des
ihm übertragenen Amts ausübt, steht im Gegensatz zu der Vertretung
des Reichsfiskus in wirtschaftlichen oder technischen Amtsverrich-
tungen, insbesondere in den Betriebsanstalten und wissenschaftlichen
Anstalten des Reichs. Für die Schadensersatzpflicht des Reichs
gelten die im $ 839 des BGB. aufgestellten Voraussetzungen. Daher
kommen auch die besonderen Vorschriften des $ 839 Abs. 2 hinsicht-
lich der Beamten, welche bei einem Urteil in einer Rechtssache ihre
Amtspflicht verletzen, zur Anwendung. Hinsichtlich des zu leistenden
Schadensersatzes sind drei Fälle zu unterscheiden. Wenn der Beamte
vorsätzlich gehandelt hat, ist dem Dritten der volle Schaden zu
ersetzen; wenn dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last fällt,
kann der Dritte nur dann den Anspruch auf Schadensersatz erheben,
wenn er nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag, das Reich
haftet also nur subsidiär; wenn der Beamte den Schaden im Zustand
der Bewußtlosigkeit oder in einem die freie Willensbestimmung
ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit ver-
ursacht hat, ist das Reich nur insoweit zur Schadloshaltung verpflichtet,
als die Billigkeit dies erfordert ($ 1 Abs. 2). Den Reichsbeamten stehen
die Personen des Soldatenstandes mit Ausnahme derjenigen des bayri-
schen Kontingents gleich ($ 1 Abs. 3). Dagegen findet das Gesetz keine
Anwendung auf Beamte, welche, abgesehen von der Entschädigung
für Dienstaufwand, auf den Bezug von Gebühren angewiesen sind
($ 5 Ziff. 1); z. B. die Wahlkonsuln. Auch wenn das Verhalten eines
mit Angelegenheiten des auswärtigen Dienstes befaßten Beamten nach
einer amtlichen Erklärung des Reichskanzlers politischen oder inter-
nationalen Rücksichten entsprochen hat, findet das Gesetz vom 22. Mai
1910 keine Anwendung (8 5 Ziff. 2). In diesen Fällen des $ 5 bleibt
1) Entscheidung des Reichsgerichts vom 22. Febr. 1883 bei Gruchot Bd. 28, S. 463.
Pieper S. 376g.
2) Es beruht auf dem preuß. Ges. v. 1. Aug. 1909.
3) Inwieweit das Reich für diese Beamten haftet, bestimmt sich nach 88 31, 89
des BGB.