Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Erster Band. (1)

480 8 48. Die Rechtsfolgen der Pflichtverletzung. 
also die Verantwortlichkeit des Reichsbeamten nach $ 839 des BGB. 
bestehen. Für den Schaden, welchen das Reich durch die im 81 
Abs. 1 des Gesetzes bestimmte Verantwortlichkeit erleidet, kann es 
von dem Beamten Ersatz verlangen. Dieser Ersatzanspruch verjährt 
in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in welchem der Anspruch des 
Dritten diesem gegenüber vom Reich anerkannt oder rechtskräftig 
festgestellt ist. ($ 2). Für die Ansprüche gegen das Reich auf grund 
dieses Gesetzes sind die Landgerichte ohne Rücksicht auf den Wert 
des Streitgegenstandes ausschließlich zuständig; in letzter Instanz ent- 
scheidet das Reichsgericht. ($ 3). Für die Beamten der Schutzgebiete 
und der Angehörigen der Schutztruppen und der Besatzung von 
Kiautschou tritt das Schutzgebiet an Stelle des Reichs'!); die Haftung 
von Kommunalverbänden und anderen Verbänden des öffentlichen 
Rechts in den Schutzgebieten für ihre Beamten, sowie für die Haftung 
für farbige Beamte wird durch Verordnung des Reichskanzlers be- 
stimmt. Diese Verordnungen sind dem Reichstage »zur Kenntnis- 
nahme« vorzulegen. ($ 4). Reichsgesetze, welche für bestimmte Fälle 
die Haftung des Reichs über einen gewissen Umfang hinaus ausschließen, 
bleiben unberührt. ($ 6). Angehörige eines ausländischen Staates 
können Ansprüche gegen das Reich nur geltend machen, wenn die 
Gegenseitigkeit durch die Gesetzgebung des ausländischen Staats oder 
durch Staatsvertrag verbürgt ist. ($& 7). 
2. Ersatzpflicht für Defekte. 
Durch die 8$ 134—148 des Reichsbeamtengesetzes ist im engsten 
Anschluß an die preußische Verordnung vom 24. Januar 1844 (Gesetz- 
sammlung S. 32) ein eigentümliches Verfahren zur Feststellung und 
Beitreibung des Ersatzes für Defekte eingeführt worden ?), durch wel- 
ches den höheren Reichsbehörden ermöglicht wird, ohne Beschreitung 
des Rechtsweges die Ansprüche des Reichsfiskus gegen Reichsbeamte 
geltend zu machen. Es liegt in dem Ermessen der zuständigen Be- 
hörde, ob sie von dieser ausnahmsweisen Befugnis Gebrauch machen 
will, anstatt die gerichtliche Klage anzustellen, und das Verfahren ist 
nur zulässig unter den im Gesetz aufgestellten Voraussetzungen ohne 
analoge Ausdehnung derselben. 
a) Der Begriff der Defekte ist gesetzlich nicht definiert, aber in 
der Praxis des Verwaltungsrechts festgestellt. Man versteht darunler 
den Fall, daß der tatsächliche Bestand einer Kasse oder eines Magazins 
geringer ist als der rechnungsmäßige Sollbestand. Sogenannter Kassen- 
defekt. Der Begriff des Defektes ist daher weiter als der der Unter- 
1) Für die elsaß-lothringischen Beamten würde nach dem gleichen Grundsatz der 
Landesfiskus an die Stelle des Reichsfiskus treten; das Gesetz soll aber auf diese 
Beamten überhaupt keine Anwendung finden, weil sie angeblich keine Reichsbeamte 
seien. Kommissionsbericht (Drucksache Nr. 366) S. 10. 
2) Diese Bestimmungen sind — mit Ausnahme des Abs. 4 des $ 144 — durch 
die Zivilprozeßordnung unberührt geblieben. Einführungsgesetz zur Zivilprozeßord- 
nung $ 13.
	        
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