Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Erster Band. (1)

482 5 48. Die Rechtsfolgen der Pflichtverletzung. 
sehen entstanden ist, gegen diejenigen Beamten, welchen die Kasse 
u. s. w. zur Verwaltung übergeben war, auf Höhe des ganzen Defektes, 
und gegen jeden anderen Beamten, der an der Einnahme oder Aus- 
gabe, der Erhebung, der Ablieferung oder dem Transport von Kassen- 
geldern oder anderen Gegenständen vermöge seiner dienstlichen Stel- 
lung Teil zu nehmen hatte, auf Höhe des in seinen Gewahrsam ge- 
kommenen Betrages !). 
Trifft aber den Beamten ein nur mäßiges oder geringes Versehen, 
so ist er zwar von der Pflicht zum Ersatz nicht frei, falls er nach den 
zivilrechtlichen Bestimmungen dafür haftet; aber es muß der Weg des 
gewöhnlichen Prozesses beschritten werden. Ebenso ist das Defekten- 
verfahren unzulässig gegen die Erben des Beamten oder gegen Dritte, 
welche infolge des Defektes bereichert sind, oder aus irgend einem 
anderen Grunde für den Schadensersatz haften. Denn der Defekten- 
beschluß kann nach 8 135 nur feststellen, »welcher Beamte« zu haften 
hat. Dagegen macht es keinen Unterschied, ob der Beamte noch im 
aktiven Dienste oder bereits pensioniert ist. 
d) Der von der zuständigen Behörde abgefaßte Beschluß ist voll- 
streckbar. In dem Beschlusse ist zugleich zu bestimmen, welche 
Vollstreckungs- oder Sicherheitsmaßregeln behufs des Ersatzes des 
Defektes zu ergreifen sind. 
Die Verwaltungsbehörde ersucht die zuständigen Gerichte, Voll- 
streckungsbeamten oder Hypothekenbehörden um Vollstreckung. Die- 
selben haben der Requisition schleunig, ohne vorgängiges Zahlungs- 
mandat zu genügen, falls kein Anstand obwaltet; auf eine Beurteilung 
der Rechtmäßigkeit des Beschlusses einzugehen, sind sie nicht be- 
fugt 2). 
e) Dem Beamten, welcher durch Beschluß zur Erstattung des De- 
fektes für verpflichtet erklärt wird, steht sowohl hinsichtlich des Be- 
trages als hinsichtlich der Ersatzverbindlichkeit außer der Beschwerde 
im Instanzenzug der Rechtsweg zu?). 
Für die Anstellung der Klage besteht eine Präklusivfrist von einem 
Jahre, die mit dem Tage beginnt, an welchem der Beschluß dem Be- 
amten bekannt gemacht ist oder, falls der Beamte an seinem Wohn- 
orte nicht zu treffen ist, an welchem der Beschluß abgefaßt ist. Ueber 
die Wahrheit der tatsächlichen Behauptungen der Parteien hat das 
1) 8 141 a.a. O. 2) 8 143 a.a. O. 
3) Daß das Gericht zu prüfen hat, ob eine Ersatzverbindlichkeit überhaupt oder 
in dem festgesetzten Betrage besteht, ist zweifellos; dagegen ist es fraglich, ob das 
Gericht, ohne aufden Grund der Sache einzugehen, bloß darüber be- 
finden darf, ob nach $ 141 überhaupt ein Defektenbeschluß rechtlich statthaft war. 
Das Reichsoberhandelsgericht hat dies für das Gebiet des französischen Rechtes (El- 
saß-Lothringen) verneint. Entscheidungen Bd. 20, S. 157. In demselben Sinne 
hat das Reichsgericht, Entscheidungen in Zivilsachen Bd. 12, S. 143fg. (auch 
beiReger, Entscheidungen Bd. 6, S. 110 fg.) die Frage allgemein entschieden. Vgl. 
darüber und über die Praxis in Preußen Pieper S. 355 ff.
	        
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