Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Erster Band. (1)

496 8 49. Die Rechte der Reichsbeamten. 
sie in Ausübung dieser Dienste zu schützen. Hieraus ergibt 
sich ein besonderer Schutz, der mit der dienstlichen Stellung des Be- 
amten im engsten Zusammenhange steht und sich von dem allge- 
meinen Schutz aller Staatsangehörigen (siehe oben S. 153 fg.) unter- 
scheidet. Es ist zwar nicht zu verkennen, daß der Staat durch Ge- 
währung dieses Schutzes nicht bloß den Beamten, sondern zugleich 
sich selbst schützt, und daß man deshalb wohl berechtigt ist, alle An- 
griffe gegen die Beamten in Beziehung auf die Ausübung ihres Amtes 
als Angriffe gegen die Staatsgewalt selbst aufzufassen. Allein 
nicht bloß der Staat, sondern auch der Beamte für seine Person, 
der amtliche Handlungen vorzunehmen verpflichtet ist, wird das Objekt 
des Angriffes und folgeweise das Objekt des Schutzes. 
Der Staat befriedigt diesen Anspruch des Beamten, in Ausübung 
seines Amtes geschützt zu werden, teils unmittelbar durch physische 
Machtmittel, teils vermittelst der Strafgewalt, indem er Verletzungen 
des Beamten in Beziehung auf sein Amt unter Strafdrohungen stellt. 
Hierher gehören folgende Bestimmungen: 
1. Mit Strafe ist bedroht im $ 113 des Reichsstrafgesetzbuchs, wer 
einem Beamten, welcher zur Vollstreckung von Gesetzen, von 
Befehlen und Anordnungen der Verwaltungsbehörden oder von Ur- 
teilen und Verfügungen der Gerichte berufen ist, in der recht- 
mäßigen Ausübung seines Amtes durch Gewalt oder durch 
Bedrohung mit Gewalt Widerstand leistet '). 
2. »Wer es unternimmt, durch Gewalt oder Drohung eine Behörde 
oder einen Beamten zur Vornahme oder Unterlassung einer Amts- 
handlung zu nötigen, wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten 
bestraft.« Reichsstrafgesetzbuch 8 114 2). 
3. Die Beleidigung eines Beamten in Beziehung auf seinen Beruf 
ist zwar im Reichsstrafgesetzbuch nicht mehr wie im preußischen 
Strafgesetzbuch 8 102 zu einem besonderen Delikt gemacht und mit 
einer höheren Strafe bedroht wie die Beleidigung überhaupt. Wohl 
aber kann der Umstand, daß ein Beamter in Beziehung auf sein Amt 
beleidigt worden ist, als Strafzumessungsgrund in Betracht kommen °). 
Außerdem hat aber das Reichsstrafgesetzbuch $ 196 bestimmt, daß, 
wenn die Beleidigung gegen eine Behörde oder einen Beamten, wäh- 
rend sie in der Ausübung ihres Berufes begriffen sind, oder in Be- 
1) Vgl. John in v. Holtzendorffs Handbuch des Strafrechts Bd. 3, S. 115 ff.; 
Hiller, Die Rechtmäßigkeit der Amtsausübung, Würzburg 1873; Hugo Meyer, 
Lehrbuch des Strafrechts $ 190; Max Ernst Mayer, Widerstand gegen die Staats- 
gewalt. (Vorarbeiten zur Strafrechtsreform Bd. I, S. 349 ff); Binding, Lehrbuch 
S. 756 ff. Daselbst zahlreiche Literaturangaben. Ueber die Praxis vgl. die Zusammen- 
stellung der Reichsgerichtsentscheidungen bei Stenglein, Lexikon des d. Straf- 
rechts Bd. I, S. 37 ff. 
2) Vgl. Heinze in Goltdammers Archiv Bd. 17, 8.738 ff.; Johna.a. O. S. 127 ff. 
Binding.a.a. O.S. 749. 
3) Oppenhoff, Kommentar Note 1 zu 8 196.
	        
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