Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Erster Band. (1)

42 $ 4. Die Gründung des Deutschen Reiches. 
b) Art. II enthält die Verfassung dieses Bundes. Es ist 
die Verfassung des Norddeutschen Bundes mit einer erheblichen An- 
zahl von Abänderungen. 
c) Art. III führt eine Anzahl von Sonderbestimmungen 
auf, welche sich auf Bayern beziehen und die Anwendung der verein- 
barten Verfassung auf dieses Königreich beschränken. 
d) Art. IV enthält eine Uebergangsbestimmung über den Zeitpunkt, 
in welchem die Gemeinschaft der Militärausgaben und der Zölle und 
Verbrauchssteuern beginnen soll. 
e) Art. V enthält eine, auch in dem badisch-hessischen Vertrage 
sich findende Erklärung, daß Sonderrechte nur mit Zustimmung des 
berechtigten Bundesstaates abgeändert werden können, und sichert 
insbesondere die Anwendung dieses Grundsatzes auf die im Art. III 
enthaltenen Bestimmungen. 
f} Art. VI setzt fest, daß der Vertrag am 1. Januar 1871 in Wirk- 
samkeit treten und nach eingeholter Genehmigung der Volksvertre- 
tungen im Laufe des Monats Dezember ratifiziert werden soll. 
2. Das Schlußprotokoll von Versailles vom 23. No- 
vember 1870! Dasselbe enthält eine Anzahl von Erläuterungen, 
Beschränkungen, Ergänzungen, welche sich teils auf die Bundesver- 
fassung überhaupt, teils auf deren Anwendung auf Bayern beziehen. 
Art. XVI legt den Bestimmungen dieses Protokolls dieselbe verbind- 
liche Kraft bei wie dem Vertrage vom gleichen Datum. 
Hinsichtlich des Verhältnisses, in welchem diese verschiedenen, 
mit den süddeutschen Staaten abgeschlossenen Verträge zu einander 
stehen, ist ein Umstand von erheblicher Bedeutung, welchen Staats- 
minister Delbrück in der oben in bezug genommenen Rede in 
folgender Weise angegeben hat: 
„Als mit Württemberg, Baden und Hessen verhandelt wurde, waren die Wünsche 
Bayerns bekannt. Es fand von seiten des Präsidiums keinen Anstand, einer Zahl 
dieser Wünsche sofort zu entsprechen. Es wurde davon, wie es nicht anders sein 
konnte, den übrigen verhandelnden Staaten Mitteilung gemacht; sie eigneten sich die 
bayerischen Amendements an, und so sind in... die Anlage des Protokolls vom 
15. November eine Anzahl Bestimmungen aufgenommen, welche eigentlich, wenn ich 
so sagen darf, bayerischen Ursprungs sind, welche der Initiative Bayerns ihren Ur- 
sprung verdankten ?).“ 
Aus dieser Tatsache erklärt sich, daß Baden und Hessen nicht 
einfach die Verfassung des Norddeutschen Bundes mit den infolge 
ihres Beitritts selbstverständlichen formellen Abänderungen annahmen, 
sondern daß dem Vertrage vom 15. November 1870 eine Verfassung 
beigelegt wurde, welche von der des Norddeutschen Bundes mehrfach 
und zwar in der Tendenz abweicht, um den von Bayern erhobenen 
Wünschen zu genügen, obwohl die Zugehörigkeit Bayerns zum Bunde 
in dieser Verfassungsredaktion selbst nicht vorausgesetzt ist. 
1) Reichsgesetzbl. 1871, S. 23. 
2) Vgl. G. Meyer, Reichsgründung S. 58fg., 62fg. Busch S. 71ff.
	        
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