$ 52. Die Beendigung des Dienstverhältnisses. 525
sprechen gegen dieses Recht'). Juristisch ist die Folgerung nicht
begründet, daß, weil der Beamte jederzeit aus dem Dienste zu schei-
den berechtigt ist, auch der Staat befugt sein müsse, ihn jederzeit zu
entlassen; denn durch den Anstellungsvertrag entstehen durchaus un-
gleiche Rechte und Pflichten für Staat und Beamten. Der Staat hat
im wesentlichen keine andere Leistung als die Zahlung des Gehaltes
zu gewähren, der Beamte setzt seine Persönlichkeit und in der Mehr-
zahl der Fälle seine ganze Lebenstätigkeit ein; das Interesse des Staates
ist überdies gewahrt durch das Recht, einseitig das Dienstverhältnis
im Wege des Disziplinarverfahrens aufzuheben. Das Reichsbeamten-
gesetz hat daher im $ 2 die Bestimmung getroffen, daß die Reichs-
beamten alsauf Lebenszeit angestellt gelten, soweit die Anstellung
derselben nicht unter dm ausdrücklichen Vorbehalt des
Widerrufs oder der Kündigung erfolgt ?).
Von diesem Vorbehalt wird nach einer aus der preußischen Ver-
waltungspraxis °) herübergenommenen Regel Gebrauch gemacht bei
denjenigen Unterbeamten, deren Dienst keine Ausbildung erfordert,
sondern größtenteils nur mechanisch ist“). Außerdem gibt es einige
Kategorien von Beamten im Ressort des Auswärtigen Amtes, der
Marine- und Militärverwaltung, der Posit- und Telegraphenverwaltung
und der Verwaltung der Reichseisenbahnen, welche auf Probe, Kün-
digung oder Widerruf angestellt werden’).
Die Entlassung von Beamten, welche unter einem solchen Vor-
behalte angestellt sind, erfolgt durch diejenige Behörde, welche die
Anstellung verfügt hat; in Ansehung der mittelbaren Reichsbeamten
also durch die Landesbehörde ‘).
3. Von Rechts wegen hört das Dienstverhältnis auf durch ein
rechtskräftiges richterliches Erkenntnis, wenn durch dasselbe der Be-
amte zu einer Zuchthausstrafe verurteilt wird ’), oder wenn ihm die
bürgerlichen Ehrenrechte oder die Fähigkeit zur Bekleidung öffent-
1) Es bedarf keiner Wiederholung derselben, da die Frage für das Reichsrecht
entschieden ist. In älterer Zeit ist sie Gegenstand der vielseitigsten Erörterungen
geworden. Eine Uebersicht der Literatur und der in derselben aufgestellten Ansichten
gibt Zachariä ll, $ 143ff.; kürzer auch Schulze, Preuß. Staatsr. I, S. 349. Vgl.
ferner Welckers Artikel „Staatsdienst“ in seinem Staatslexikon und L. v. Stein,
Verwaltungslehre I, 1, S. 241 fg., 246.
2) Auch bei den Beamten der Einzelstaaten spricht eine Rechtsvermutung für
die Lebenslänglichkeit der Anstellung, vgl. Pfeiffer, Praktische Ausführung Bd. 5,
S. 259, Nr. 9; Rehm a.a. O.S. 201.
3) Regierungsinstruktion vom 23. Oktober 1817, $ 12. Vgl. v. Rönne, Preuß.
Staatsrecht II, 1, S. 410. (8 330, IV.)
4) Stenogr. Berichte des Reichstags 1872 I, S. 133, 134.
5) Der Reichskanzler hat dem Reichstage 1872 das Verzeichnis dieser Beamten
vorgelegt. Drucksachen des Reichstages Nr. 144. Gesetzlich ausgeschlossen ist die
Anstellung auf Widerruf oder Kündigung bei Richtern. Gerichtsverfassungsgesetz $ 6.
6) Reichsgesetz $ 32.
7) Reichsstrafgesetzbuch $ 31.