Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Zweiter Band. (2)

192 $ 65. Die Formen der Verwaltungsakte. 
einzelne oder eine Summe einzelner Fälle'!); sie begründet konkrete, 
subjektive Pflichten und die Ausübung subjektiver Rechtsbefugnisse 
des verwaltenden Staates. Die vertragsmäßigen (mit eigenem Willen 
übernommenen) Verpflichtungen sind in ihrem Bestande unab- 
hängig davon, daß der Berechtigte ihre Erfüllung fordert, und sie er- 
löschen regelmäßig nur durch Leistung oder Erlaß; die staatsbürger- 
lichen (durch Gesetz auferlegten) Pflichten dagegen sind Gehor- 
samspflichten, sie entfalten keine Wirksamkeit, wofern der Staat nicht 
ihre Erfüllung fordert, d. h. befiehlt, und sie können demnach völlig 
wirkungslos bleiben, wenn dieser Befehl tatsächlich nicht erlassen wird. 
Das Wesen der staatsbürgerlichen Pflichten besteht nur in der recht- 
lichen Gebundenbheit, einem Befehl der Behörde Folge geben 
zu müssen. Die Gesetze normieren Voraussetzungen und Inhalt dieser 
Verpflichtungen nur abstrakt in der logischen Form der Rechtsregel; 
um wirksam zu werden, bedürfen sie der Anwendung auf den kon- 
kreten Fall. Die juristische Form, in welcher sich dies vollzieht, ist 
die Verfügung. Die Einziehung der Steuern, Zölle und Gebühren, die 
Einberufung der Wehrpflichtigen zur Ableistung der militärischen 
Dienstpflicht, der Geschworenen und Schöffen zur Leistung des Ge- 
richtsdienstes, die Gebote und Verbote in Ausübung der polizeilichen 
Tätigkeit auf allen Gebieten derselben bieten zahllose Anwendungsfälle. 
Der Inhalt der Verfügung braucht aber nicht notwendig in 
dem Befehl zu einer Handlung oder Unterlassung zu bestehen und 
nicht ausschließlich darauf beschränkt zu sein. Dieselbe Man- 
nigfaltigkeit der Rechtsverhältnisse, welche durch das Gesetz in ab- 
stracto geregelt wird, kann durch die Verfügung in concreto betroffen 
werden ?). So kann der Inhalt der Verfügung in einer Gewährung 
(Konzession, Ermächtigung, Erlaubnis) oder in einer Entziehung 
(Enteignung, Konfiskation, Gebrauchsbeschränkung) bestehen °). Die 
Verfügung kann auch sachlich eine Entscheidung sein; dahin 
gehören die von den Verwaltungsbehörden erfolgenden Straffestset- 
zungen, Bescheide auf Beschwerden, Beurkundungen und Frteilungen 
von Legitimationspapieren. Endlich ist nicht zu übersehen, daß der 
Inhalt einer Verfügung aus verschiedenen Bestandteilen zusammen- 
gesetzt sein kann; insbesondere kann eine Entscheidung mit den aus 
ihr sich ergebenden Geboten, Verboten, Gewährungen usw. kombi- 
niert sein, so daß Rechtsanwendung und Handlung (Rechtspflege und 
Verwaltung in dem S. 177 fg. entwickelten Sinne) in einem staatlichen 
Akt äußerlich verbunden erscheinen. 
In allen Fällen aber tritt durch die Verfügung der verwaltende 
1) RosinS.1l1fg. Fleiner, Institutionen S. 157 fg. 
2) Eine systematische Einteilung der Verwaltungsakte nach ihrem Inhalt geben 
G. Meyer, Staatsrecht 8 177 und Verwaltungsrecht I, $8 und BernatzikS. 12. 
3) Auch diesen Verfügungen aber sind staatliche Befehle immanent. Vgl. Ber- 
natzikS. 11; Seligmann 8. 291g.
	        
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