198 8 65. Die Formen der Verwaltungsakte.
und zur Befolgung der ihnen erteilten Anordnungen verpflichtet. Den
oberen Behörden liegt es ob, die Geschäftsführung der ihnen unter-
gebenen zu leiten und zu beaufsichtigen. Die Verwaltung der Staats-
geschäfte vollzieht sich daher nicht bloß durch Befehle an Untertanen,
sondern auch durch Befehle an die eigenen Organe. Die Befolgung
der von der vorgesetzten Behörde innerhalb ihrer Kompetenz erteilten
Befehle gehört zu der Dienstpflicht des Beamten, und die Ver-
letzung derselben ist ein Disziplinarvergehen !).
Der Befehl der vorgesetzten Behörde kann nun aber zweierlei
Art sein. Er kann sich aufeinen einzelnen, konkreten Fall beziehen,
die Vornahme einer bestimmten Handlung, den Abschluß eines be-
stimmten Vertrages, den Erlaß einer bestimmten Verfügung anordnen
oder untersagen. Ein solcher Befehl wird ebenfalls als Verfügung
bezeichnet; er unterscheidet sich aber von den soeben erörterten Ver-
fügungen dadurch sehr wesentlich, daß seine verbindliche Kraft nicht
auf den allgemeinen gesetzlichen Herrschaftsrechten des Staates, son-
dern auf der besonderen Amtsgewalt der vorgesetzten Behörde,
und die Pflicht, ihn zu befolgen, nicht auf der staatsbürgerlichen
Untertanenpflicht, sondern auf der amtlichen Dienstpflicht be-
ruht. |
Der Befehl der vorgesetzten Behörde kann aber auch einen gene-
rellen Inhalt haben, das Verhalten der untergeordneten Behörden im
allgemeinen oder für eine unbestimmte Anzahl von Fällen regeln oder
denselben die Richtung vorzeichnen, welche sie bei ihrer Geschäfts-
führung inne zu halten haben. Ein solcher Befehl heißt eine Instruk-
tion, Dienstanweisung, Reglement, Verordnung oder — genauer
Verwaltungsverordnung. Die juristische Natur der Verwal-
tungsverordnung und der begriffliche Gegensatz derselben gegen die
Rechtsverordnung ist bereits oben S. 180 fg. erörtert worden. Sie ist
ihrem Wesen nach kein Gesetz, sondern ein Dienstbefehl, eine Gene-
ralverfügung; sie sanktioniert nicht Rechtsregeln, sondern sie be-
fiehlt die Vornahme oder Unterlassung von Rechtsgeschäften oder
von amtlichen Handlungen rein tatsächlicher Natur, oder sie ordnet
die Modalitäten an, unter welchen diese Rechtsgeschäfte und (tech-
nischen usw.) Handlungen vollzogen werden sollen. Sie hat deshalb
Rechtswirkungen nur innerhalb des Verwaltungsapparates selbst, nicht
gegen Dritte; sie ist eine res interna der Verwaltung ?). Hinsichtlich
der Form der Verwaltungsverordnung ist hier noch Folgendes zu be-
merken:
1. Die Befugnis, Verwaltungsverordnungen zu erlassen, steht nicht
bloß dem Monarchen, als dem Chef der Verwaltung, sondern in viel-
fachen Abstufungen den Behörden zu. Die von der höheren Instanz
erlassene Verordnung bindet alle unteren Instanzen, schließt aber nicht
1) Siehe Bd. 1, 8 47, 48.
2) Uebereinstimmend Fleiner S. 571g.