Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Zweiter Band. (2)

20 8 54. Der Begriff und die Erfordernisse des Gesetzes. 
ihm zu, die Gesetze zu promulgieren und zu publizieren !). 
Trotz dieses Schwankens der Gesetzgebung hinsichtlich des Ge- 
brauches des Wortes Promulgation?) ist in der französischen Rechts- 
literatur der Unterschied der Promulgation von der Sanktion einerseits 
und von der Promulgation andererseits fast ausnahmslos festgehalten 
worden und das Wesen der Promulgation in der authentischen Be- 
glaubigung des Gesetzes erblickt worden ?). 
Da die Promulgation des Gesetzes in Frankreich nicht wie im alten 
Deutschen Reiche und in England in einem vor dem Reichstage oder 
Parlamente sich vollziehenden feierlichen Akte, sondern lediglich in 
der Unterzeichnung einer Urkunde besteht, so entzieht sich diese Tat- 
sache selbst wieder der allgemeinen Kenntnis und Wahrnehmung. 
Sie bedarf der Kundmachung, und dieselbe erfolgt, indem die Ge- 
setzesurkunde offiziell veröffentlicht wird. Die Veröffentlichung 
des Gresetzes ist die unmittelbare und notwendige Folge seiner Pro- 
mulgation; mit der Promulgation verbindet sich daher der Befehl 
zur Verkündigung des Gesetzes. Schon die altfranzösischen Gesetzes- 
ausfertigungen enthielten diesen Befehl an die Parlamente; ebenso 
findet er sich in der Promulgationsformel des Gesetzes vom 9. Novem- 
ber 1789; die Verfassung vom 5 Fructid. des Jahres III, welches dem 
Direktorium die Promulgation der Gesetze übertrug, schrieb im Art. 130 
für die Promulgation ebenfalls eine Formel vor, welche einen Publi- 
kationsbefehl enthielt*); dasselbe gilt von dem Reglement vom 13. Au- 
gust 1814. Nicht selten wird daher das Wesen der Promulgation, zwar 
nicht in der Verkündigung selbst, wohl aber in dem Befehl zur Ver- 
kündigung gefunden, da dieser Befehl gewissermaßen die unmittelbare 
und praktische Konsequenz der Ausfertigung des Gesetzes ist’). 
1) Vgl. Bard und Robiquet, La Constitution francaise de 1875 (Paris 1876), 
p. 337 sqggq., 344. Gesetz vom 18. Juli 1875, Art. 7; Dekret vom 6. April 1876. 
2) Ausführlich verbreitet sich darüber Merlin, Repertoire de jurisprud. Art. 
„Loi“ 8 IV. T. XVII, p. 3887 sqq. Vgl. auch Dupin, Lois sur lois, Paris 1817, I, 
p. 75 sg. 
3) Vgl. Dalloz, Jurisprud. generale Tome XXX, Art. „Lois“ nro. 122, 125. „La 
promulgation est l’acte par lequel le Chef del’Etat attestel’existencedela 
loi, et la publication est le mode employe pour faire parvenir la loi a la connais- 
sance des citoyens.“ Uebereinstimmend: Ph. Vallette undBenat St.-Marsy, 
Traite de la confection des Lois (1839) p. 211; Batbie, Traite de droit publ. III, 
p. 439 (Paris 1862); Ducrocg, Cours de droit administratif I, nro.20; A. Vallette, 
Cours de Code civil, Paris 1872, I, p. 19. Aehnlich auch Laferriere, Cours de 
droit publ. et administratif (5. ed. Paris 1860) I, p. 114. „La promulgation est l’edi- 
tion solennelle de la loi, le moyen de constater son existencc et de lier le peuple a 
son observation.“ Duguit, Manuel de droit constitut. (Paris 1907) S. 1000 ff. 
4) Sie lautete: „Le Directoire ordonne que la loi ou l’acte du Corps legislatif 
ci-dessus sera publie, ex&cute“ etc. 
5) Vgl. z. B. Duranton, Cours de droit francais I, chap. II, nro. 44 sqgq.; 
Berriat-St.-Prix, Theorie de droit Constit. francais p. 502 sqq.; Aubry und 
Rau, Cours de droit civil francais (4 Ed.) I, $ 26, p. 48 sqq.; Laurent, Principes 
de droit civil (Brüssel 1869) I, p. 57 sqq. Der Zusammenhang zwischen Ausfertigung
	        
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