8 68. Das Reichsland. Die Organisation des Reichslandes. 249
Lothringen, welches in Straßburg seinen Sitz hat, ist auf Grund des
& 3 des Reichsgesetzes vom 4. Juli 1879 errichtet worden. Diein den
85 3, 5, 6und 8 dieses Gesetzes enthaltenen, das Ministerium betreffen-
den Vorschriften sind in Geltung geblieben, aber in das Gesetz vom
31. Mai 1911 nicht übernommen worden '!); es ist daher zweifelhaft,
ob diese Vorschriften im Wege der Landesgesetzgebung abgeändert
werden können; die Frage ist ohne praktisches Interesse.
a) Das Ministerium ist dem Statthalter untergeordnet; der Staats-
sekretär, die Unterstaatssekretäre und die Räte werden vom Kaiser
unter Gegenzeichnung des Statthalters ?), die übrigen höheren Beamten
des Ministeriums vom Statthalter, die Subaltern- und Unterbeamten
vom Staatssekretär ernannt. Sämtliche Beamte des Ministeriums sind
Landesbeamte im Sinne des Beamtengesetzes vom 23. Dezember 1873
(Gesetzbl. für Elsaß-Lothringen S. 479)°). Auf den Staatssekretär und
die Unterstaatssekretäre finden die Bestimmungen der 88 25 und 35
des Beamtengesetzes über Versetzung in den Ruhestand und den An-
spruch auf Entlassung aus dem Amt Anwendung‘).
b) An der Spitze des Ministeriums steht der Staatssekretär
($ 3 des Ges. a. E.), welcher den Statthalter in Ausübung seiner
ministeriellen Befugnisse vertritt. Als Vertreter des Statthalters
hat der Staatssekretär die Rechte und die Verantwortlichkeit in dem
Umfange wie ein verantwortlicher Stellvertreter des Reichskanzlers
nach dem Reichsgesetz vom 17. März 1878 und diesem Gesetz ent-
sprechend ist dem Statthalter vorbehalten, jede in diesen Bereich
fallende Amtshandlung selbst vorzunehmen’). Daß der Staatssekretär
durch die Unterstaatssekretäre vertreten werden kann, ist durch die
erwähnte Gesetzesvorschrift nicht ausgeschlossen, entspricht der bisher
sowohl im Ministerium für Elsaß-Lothringen als in den obersten
Reichsämtern befolgten Praxis und ist durch die Bedürfnisse des
Dienstes bei Verhinderungen oder Beurlaubungen des Staatssekretärs
geboten); jedoch trägt er die Verantwortung für die Amtshandlungen
des mit seiner Vertretung beauftragten Beamten.
Dagegen ist hinsichtlich der Gegenzeichnung von Anordnungen
und Verfügungen, welche der Statthalter kraft der ihm zustehenden
landesherrlichen Befugnisse erläßt, eine Vertretung des Staats-
sekretärs ausgeschlossen 7). Auch bei der Gegenzeichnung kaiser-
1) Das Ges. v. 31. Mai 1911 erwähnt das Ministerium nur einmal gelegentlich in
dem S. 247 mitgeteilten $ 17.
2) Ges. v. 4. Juli 1879 8 6 Abs. 1. Hierdurch wurde die Gegenzeichnung des
Reichskanzlers ausgeschlossen.
8) Daselbst $ 6 Abs. 3.
4) Daselbst $ 6 Abs. 2.
5) RG. v. 31. Mai 1911 8 4.
6) Die Stellvertretung des Staatssekretärs innerhalb des Ministeriums ist durch
die kaiserl. Verordn. vom 23. Juli 1879 8 10 (Gesetzbl. S. 81) geregelt worden.
7) Nach richtiger Ansicht galt dies auch nach $ 4 des Ges. von 1879; die Fas-