Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Zweiter Band. (2)

8 70. Die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete. 271 
Die Deutschostafrikanische Gesellschaft hat ferner ihre Besitzungen 
erweitert durch einen Vertrag mit dem Sultan Mandara von Dschagga, 
welcher ihr sein Land mit allen Hoheitsrechten abgetreten 
hat. Auch sind durch andere Verträge die Landerwerbungen der 
Gesellschaft bis an den Tana hin ausgedehnt worden. Durch den 
Vertrag zwischen England und dem Deutschen Reich vom er 
1886 über die Abgrenzung der beiderseitigen Interessensphären in Ost- 
afrika!) und durch die Vereinbarung zwischen Portugal und dem 
Deutschen Reich vom 30. Dezember 1886? sind die Grenzen des 
Schutzgebietes festgestellt worden. 
Der unter der Souveränität des Sultans von Zanzibar stehende 
Küstenstrich zwischen den Flüssen Umba und Rovuma nebst 
der Insel Mafia gehörte nicht zum Gebiete der Gesellschaft, wurde ihr 
aber vom Sultan durch Verträge vom 28. April 1888 und 13. Januar 
1890 zur Ausübung aller Hoheitsrechte verpachtet. 
Durch Vertrag vom 20. November 1890, $ 4 hat die Gesellschaft 
gegen Gewährung bestimmter vermögensrechtlicher Vorteile alle ihre 
Rechte an diesem Küstenstrich, der Insel Mafia und den im Schutz- 
brief von 1885 bezeichneten Ländern an das DeutscheReich 
abgetreten. Der Sultan von Zanzibar hat seine Souveränitätsrechte 
über das Küstengebiet und die Insel Mafia durch ein von England 
vermitteltes Abkommen vom 27.28. Oktober 1890 gegen Zahlung von 
4 Millionen Mark vom 1. Januar 1891 an ebenfalls dem Deutschen 
Reich abgetreten °). Dagegen verzichtete das Deutsche Reich zugun- 
sten Englands auf das Protektorat über Witu. 
Die Deutschostafrikanische Gesellschaft hat außerdem noch Ge- 
biete innerhalb der deutschen Interessensphäre erworben, für welche 
sie keinen Schutzbrief erhalten hat und auf welche sich der Vertrag 
vom 20. November 1890 nicht bezieht; sie bilden überhaupt zur Zeit 
noch kein Schutzgebiet des Reiches. 
4. Kaiser-Wilhelms-Land und Bismarck-Archi- 
pel. Deutsche Firmen, welche auf verschiedenen Inseln der Südsee 
Plantagen und Handelsniederlassungen errichtet hatten, suchten im 
Jahre 1883 und 1884 um den Schutz ihrer Interessen durch das Reich 
nach ‘%). Infolgedessen wurde der kaiserliche Generalkonsul in Sidney 
durch Telegramm des Reichskanzlers vom 19. August 1884°) beauf- 
tragt, den kaiserlichen Kommissar in Neu-Britannien zu benachrich- 
tigen, daß die Absicht bestehe, zunächst im Archipel von Neu-Bri- 
1) Abgedruckt im Deutschen Reichsanzeiger vom 30. Dezember 1886 und in der 
Deutschen Kolonialzeitung 1887,8.38 ff. Ein Verzeichnis der Expeditionen, 
Landerwerbungen, Stationen und Faktoreien der Gesellschaft ebenda S. 75 ff. 
2) Deutsche Kolonialzeitung 1897, S. 505. 
3) Drucksachen des Reichstags 1890, Bd. 3 Nr. 166. 
4) Vgl. die Berichte des kaiserlichen Generalkonsuls in Sidney. Weißbuchll, 
S. 95 ff.; Deutsche Kolonialpolitikl], S. 105 ff. 
5) Deutsche Kolonialpolitik H,S. 105; WeißbuchlIJI, S. 148.
	        
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