Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Zweiter Band. (2)

8 70. Die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete. 273 
richtungen in dem Schutzgebiet auf ihre Kosten zu treffen und 
zu erhalten und die zur Erreichung dieses Zweckes erforderlichen 
landeshoheitlichen Befugnisse unter der Öberaufsicht der 
Reichsregierung auszuüben«. Diese Gesellschaft hat den Schutz des 
Reiches nachgesucht und unter dem 17. Mai 1885 den kaiserlichen 
Schutzbrief erhalten unter der Bedingung, daß die Mitglieder ihres 
Vorstandes oder die sonst mit der Leitung betrauten Personen Ange- 
hörige des Deutschen Reiches sind. 
Das der Gesellschaft unterstellte Gebiet umfaßt den Teil des Fest- 
landes von Neu-Guinea, welcher nicht unter englischer oder nieder- 
ländischer Oberhoheit steht (Kaiser-Wilhelms-Land)!), ferner 
die vor der Küste dieses Teiles von Neu-Guinea liegenden Inseln, so- 
wie die Inseln des Archipels, welcher bisher als der von Neu-Britan- 
nien bezeichnet worden ist und nunmehr den Namen Bismarck- 
Archipel führt; endlich die Salomon s-Inseln ?). 
Die Uebertragung der Landesverwaltung an die Neu-Guinea-Kom- 
pagnie beruhte auf Gründen der auswärtigen Politik. Als diese Gründe 
nicht mehr vorlagen und die Erfahrung zeigte, daß die Verwaltung 
des Schutzgebietes durch die Gesellschaft sowohl für diese als auch 
für die Interessen des Reichs mit schwerwiegenden Uebelständen ver- 
bunden war, kam nach mehrfachen Verhandlungen ein Vertrag zwi- 
schen dem Reich und der Gesellschaft am 7. Oktober 1898 zustande, 
welcher die Zustimmung des Bundesrats und Reichstags erhalten hat °). 
Diesem Vertrage gemäß verzichtete die Gesellschaft gegen eine Ent- 
schädigung von 4 Millionen Mark und einem Landbesitz von 50 000 ha 
auf alle in dem Schutzbriefe ihr verliehenen Hoheits- und Verwal- 
tungsrechte und auf das ihr eingeräumte Bodenregal. Infolge dessen 
wurde durch kaiserliche Verordnung vom 27. März 1899 die Landes- 
hoheit über das Schutzgebiet von Deutsch-Neu-Guinea mit dem 1. April 
1899 von dem Reich übernommen und die Schutzbriefe vom 17. Mai 
1885 und 13. Dezember 1886, sowie die Verordnung über die Gerichts- 
barkeit der Neu-Guinea-Kompagnie vom 15. Oktober 1897 wurden 
außer Kraft gesetzt ?). 
1) Die Grenze der englischen und deutschen Schutzgebiete ist vertragsmäßig 
festgestellt durch Noten vom 25. April und 29. April 1885; Deutsche Kolonial- 
politik V, S. 59. v. Stengel 189, S. 567 f. 
2) Dieselben sind im Jahre 1886 durch ein Kriegsschiff unter den Schutz des 
Reiches gestellt und durch den kaiserlichen Schutzbrief vom13.Dezem- 
ber 1886 der Neu-Guinea-Kompagnie überwiesen worden. Derselbe ist abgedruckt 
in der Deutschen Kolonialzeitung 1897, S. 3. 
3) Der Vertrag ist abgedruckt in dem Entwurf des Haushaltsetats für die Schutz- 
gebiete für 1899, Anlage S. 69. Vgl. dazu die Erklärung des Direktors des Kolonial- 
amts in der Sitzung des Reichstages, Session 1898—1900. Stenographische Berichte, 
Bd. 2, S. 1650. 
4) Kolonialbl.1899, S.227. Zimmermann IV,S.50. Dazu die Verfügung 
zur Ausführung dieser Verordnung vom 1. April 1899, Kolonialbl. S. 228. Zimmer- 
mann S. 91.
	        
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