Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Zweiter Band. (2)

296 8 70. Die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete. 
die Verwaltung betreffende Vorschriften zu erlassen und gegen die 
Nichtbefolgung derselben Gefängnis bis zu 3 Monaten, Haft, Geldstrafe 
und Einziehung einzelner Gegenstände anzudrohen«. Diese Verord- 
nungen haben durch ihre Strafdrohung den Charakter der Rechtsver- 
ordnungen; sie bedürfen der Verkündigung, welche in den Amtsblättern 
der einzelnen Schutzgebiete erfolgt. Ihr Anwendungsgebiet ist haupt- 
sächlich die Polizei, welche auch besonders hervorgehoben wird; sie 
erstreckt sich aber auch auf alle anderen Zweige der Staatstätigkeit, 
namentlich das Finanzwesen mit Einschluß der Zölle und Abgaben, 
was durch die Hinzufügung der Worte »und sonstige Vorschriften« 
zum Ausdruck gebracht ist’). Außer dieser durch das Schutzge- 
bietsgesetz gegebenen Ermächtigung bestehen alle Ermächtigungen 
fort, welche in den Gesetzen enthalten sind, welche in den Schutz- 
gebieten Geltung haben, insbesondere im Konsulargerichtsbarkeits- 
gesetz und in den das bürgerliche Recht, das Strafrecht und den Prozeß 
betreffenden Gesetzen. Da die dem Reichskanzler hinsichtlich der 
Schutzgebiete obliegenden Funktionen vom Kolonialamt unter seiner 
Verantwortlichkeit ausgeübt werden, so gilt dies auch von dem Ver- 
ordnungsrecht. Die Schutzgebietsverordnungen aller Art werden daher 
vom Staatssekretär des Kolonialamts teils im eigenen 
Namen, teils in Vertretung oder im Auftrag des Reichskanzlers er- 
lassen ?). 
4. Die Gouverneure und anderen Schutzgebietsbehörden. Den 
Gouverneuren steht zunächst kraft ihres Amtes der Erlaß von Dienst- 
anweisungen, Instruktionen, Verwaltungsverordnungen an die ihnen 
unterstellten Behörden innerhalb ihrer Zuständigkeit zu, ohne daß 
ihnen dieses Recht besonders erteilt zu werden braucht. Diese An- 
ordnungen gelten nur für die zum dienstlichen Gehorsam verpflichte- 
ten Behörden und Beamten. Außerdem kann ihnen auch ein Ver- 
ordnungsrecht delegiert werden und zwar entweder vom Kaiser un- 
mittelbar oder vom Reichskanzler, soweit dieser selbst zum Erlaß von 
Verordnungen befugt ist. Das Schutzgebietsges. $ 15 Abs. 3 bestimmt, 
daß die Ausübung der Befugnis zum Erlasse von Ausführungsbestim- 
mungen (Abs. 1) und von Verordnung der im Abs. 2 bezeichneten Art 
vom Reichskanzler den Beamten des Schutzgebiets übertragen werden 
kann; und die Verordn. v. 3. Juni 1908 S 2 bestimmt, daß die im $1 
bezeichneten Befugnisse mit Ermächtigung oder Zustimmung des 
Reichskanzlers (Reichs-Kolonialamts) durch die Gouverneure wahrge- 
nommen werden ?). Dagegen haben die Gouverneure und anderen 
1) Vgl. Backhaus S. 44 ff. 
2) Die Kaiserl. Verordn. vom 3. Juni 1908 fügt hinter dem Wort „Reichskanzler“ 
in Parenthese hinzu „Reichskolonialamt“; es gilt dies aber auch hinsichtlich der an- 
deren Verordnungen. Für Kiautschou ist nicht das Kolonialamt, sondern das Marine- 
amt zuständig. 
3) Auf Grund dieser Delegationen sind in allen Schutzgebieten überaus zahl-
	        
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