100 $ 73. Das Post- und Telegraphenwesen.
Postverwaltung der RegreBß gegen den Absender zu. Der Regreß ist
aber an die Voraussetzung geknüpft, daß die Postverwaltung die Un-
bestellbarkeit der Sendung bescheinigt, und daß sie dem Absender die
Postsendung wieder zurückliefert'). Von der Verpflichtung, sämtliche
für den Hin- und Hertransport zu erhebende Gebühren zu bezahlen,
kann sich der Absender dadurch nicht befreien, daß er die Zurück-
nahme der von ihm eingelieferten Postsendung verweigert’). Diese
Regel gilt für alle Frachtgeschäfte, nicht bloß für diejenigen der Post.
Ist der Absender nicht zu ermitteln oder verweigert oder verzögert
er die Annahme, so ist die Postanstalt berechtigt, die Gegenstände zu
verkaufen ®). Aus dem Erlöse werden die Gebühren und Kosten be-
stritten. Reicht der Erlös dazu nicht hin, so bleibt der Absender zur
Zahlung des fehlenden Betrages verpflichtet; ergibt der Verkauf einen
Ueberschuß, so wird derselbe der Postarmen- und Unterstützungs-
kasse überwiesen. Briefe müssen mit Rücksicht auf das Briefgeheimnis
vernichtet werden; dasselbe geschieht mit wertlosen, zum Verkaufnicht
geeigneten Gegenständen und mit Telegrammen ').
3. Der Anspruch der Postverwaitung auf Zahlung von Gebühren
erlischt, wenn die Postsendung erweislich auf der Post verloren
gegangen ist oder wenn die Annahme der Sendung vom Adressaten
wegen einer von der Postverwaltung zu vertretenden Beschädigung
verweigert wird). Er erlischt ferner durch Verjährung®), deren Frist
ein Jahr von dem Tage der Aufgabe der Sendung an beträgt”), und
welche durch Anmeldung der Nachforderung unterbrochen wird.
4. Die Postanstalten sind berechtigt, unbezahlt gebliebene Beträge
an Personengeld, Porto und Gebühren, obgleich diese An-
sprüche den Charakter privatrechtlicher Forderungen haben?) nach
den für die Beitreibung Öffentlicher Abgaben bestehenden Vorschriften
die Zulässigkeit dieser Vorschrift gegenüber der bestimmten gesetzlichen Anordnung
in $ 6 des Posttaxgesetzes wohl zweifelhaft sein. Vgl. auch Schott S. 564; Mit-
telsteinS. 791g.
1) Die näheren Anordnungen über die Fälle, in denen Postsendungen für un-
bestellbar zu erachten sind, und über das zu beobachtende Verfahren enthält die
Postordnung $ 45, 46. Bei Sendungen, die einem schnellen Verderben ausgesetzt
sind und deren Verderben während des Rücktransportes zu befürchten ist, kann die
Veräußerung für Rechnung des Absenders erfolgen. Postordnung $ 45, V.
2) Postordnung $ 50, IV.
3) Postordnung $ 46, IV—VI. 4) Telegraphenordnung $ 20, II.
5) Postordnung $ 50, V. Vgl. Telegraphenordnung S 21, I.
6) Posttaxgesetzß87.
1) Dieselbe Frist — vom Tage der Aufgabe an — läuft auch zugunsten des
Adressaten, wenn von ihm zu wenig oder gar kein Porto bei Aushändigung der
Postsendung erhoben worden ist. Das zitierte Gesetz $ 7 unterscheidet nicht zwi-
schen Absender und Adressaten, sondern faßt beide unter dem Ausdruck „Korre-
spondent“ zusammen. Für die Rückforderung von Telegraphengebühren beträgt die
Frist nur fünf Monate vom Tage der Erhebung an. Telegraphenordnung 8 21, IV.
8) Vgl. Sydow. Art. „Porto“ in v. Stengels Wörterbuch II, S. 284.