Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

144 8 75. Das Bankwesen. 
brachte, zu welcher das Publikum unter Ausbedingung eines erheb- 
lichen Agios aufgefordert wurde). Aber das Reich dispensierle sich 
bei dieser Gründung von allen Vorschriften, welche das Handelsgesetz- 
buch für die Errichtung von Aktienvereinen aufgestellt hat; insbeson- 
dere auch von der Eintragung der Reichsbank und ihrer Zweiganstalten 
in das Handelsregister ?). Das gleiche gilt vonder Nachgründung, 
d. h. der Erhöhung des Grundkapitals der Reichsbank auf 180 Millionen 
Mark durch das Gesetz vom 7. Juni 1899, Art. 1. 
2. Das Reich legte sich die Rechte bei, welche die Mitglieder 
von Aktienvereinen haben, nämlich einen Anteil am’ Reingewinn und im 
Falle der Auflösung einen Anteil am Kapital (Reservefonds) ?); dagegen 
leistete das Reich weder eine Einzahlung zum Grundkapital der Reichs- 
bank noch übernahm es eine Haftung für die Schuld der letzteren, 
ja es verpflichtete nicht einmal die Reichskassen zur Annahme der 
von der Reichsbank ausgegebenen Banknoten‘). Die Leistung, die 
das Reich zugunsten der Reichsbank machte, bestand nicht in der 
Hergabe von Kapital, sondern in der Erteilung des Rechts zur unbe- 
schränkten Ausgabe von Banknoten, war also von ganz anderer Natur 
wie die Leistungen, die von Privatpersonen bei Errichtung eines Aktien- 
vereins gemacht werden können. Das Recht zur Ausgabe von Bank- 
noten ist ein Hoheitsrecht?) und als solches seiner Substanz nach 
nicht übertragbar. Es ist ferner wegen dieser öffentlichen Natur zur 
1) Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 24. Mai 1875, betreffend die Ver- 
gebung von 20000 Stück Reichsbank-Anteilscheinen. Der Subskriptionspreis war 
130 Prozent. 
2) Bankgesetz $ 66. 
3) Bankgesetz $ 24, 41. Das Reichsgesetz vom 1. Juni 1909, Art. 1 regelt nun- 
mehr die Verteilung des Reingewinnes in folgender Art: Zunächst erhalten die An- 
teilseigner 3!/a Prozent als „ordentliche* Dividende; sodann wird von dem Mehrer- 
trage eine Quote von 10 Prozent dem Reservefonds zugeschrieben; von dem weiter 
verbleibenden Rest erhalten die Anteilseigner ein Viertel, die Reichskasse drei Viertel. 
Erreicht der Reingewinn nicht volle 3'/» Prozent, so ist das Fehlende aus dem Re- 
servefonds zu ergänzen. Das bei der Begebung von Anteilscheinen zu gewinnende 
Aufgeld fließt dem Reservefonds zu. (Wie bei Aktiengesellschaften.) 
4) Die Behauptung Thöls, Handelsrecht (5. Aufl. 1876) I, 2, S. 54, daß die 
Reichsbanknoten und sonstigen Schuldscheine der Reichsbank Schuldscheine des 
Reichsfiskus seien, steht mit dem Bankgesetz in Widerspruch. Im Verwaltungs- 
wege können aber die Reichs- und Landeskassen zur Annahme von Banknoten an 
Zahlungsstatt ermächtigt werden. Vgl. z. B. die Verfügung des preuß. Finanzmini- 
sters vom 5. Januar 1876 (Ministerialbl. für die innere Verwaltung S. 23). Tatsächlich 
werden die Reichsbanknoten an allen öffentlichen Kassen als Zahlungsmittel ange- 
nommen. Eine Zusammenstellung aller darüber geltenden Anordnungen gibt Erich 
KarlMayer in Hirths Annalen 1900, S. 249ff. Durch das Reichsgesetz v. 1. Juni 
1909 Art. 3 sind die Noten der Reichsbank zum gesetzlichen Zahlungsmittel erklärt; 
dagegen besteht keine Verpflichtung, die Noten anderer Zettelbanken in Zahlung zu 
nehmen und kann auch durch Landesgesetz nicht begründet werden. 
5) Ueber die Entwicklung des sogenannten Banknotenregals in Deutschland vgl. 
Wagner im Rechtslexikon S. 352ff. Breit S. 1ff. und die dort verzeichneten 
Schriften.
	        
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