8 75. Das Bankwesen. 145
Befriedigung öffentlicher Zwecke, politischer, volkswirtschaft-
licher und handelspolitischer Bedürfnisse bestimmt und in seiner Aus-
übung durch die Rücksicht auf dieselben beherrscht; es ist kein fis-
kalisches Recht, wenngleich es auch einen finanziellen Nutzen ab-
wirft. Das Recht der Notenausgabe ist daher der Reichsbank nur zur
Ausübung übertragen und nur zu einer so gearteten Ausübung, daß
dadurch die öffentlichrechtlichen Zwecke dieses Rechts verwirklicht
werden. Die Reichsbank ist zwar formell-juristisch das Subjekt der
Befugnis zur Notenausgabe und der Verpflichtung zur Noteneinlösung;
ihrer staatsrechtlichen Stellung nach ist sie aber nur das Medium, ver-
mittelst dessen das Reich sein Recht zur Notenausgabe und die
diesem Rechte entsprechenden politischen und volkswirtschaftlichen
Aufgaben durchführt. Auf diesem Prinzip beruhen die im folgenden
zu erörternden Rechte des Reiches an der Verwaltung der Reichsbank.
3. Das Reich hat sich alle diejenigen Rechte vorbehalten, welche
in einem Aktienverein dem Vorstande zustehen, und dadurch jeden
Einfluß der Anteilseigner (Aktionäre) auf Ernennung des Vorstandes
und der Beamten sowie auf Entlassung derselben vollständig aus-
geschlossen.
Die Rolle des Direktors der Reichsbank ist dem Reichskanzler
zugewiesen. Er leitet die gesamte Bankverwaltung innerhalb der Be-
stimmungen des Bankgesetzes und Statuts. Er erläßt die Geschäfts-
anweisungen für das Reichsbankdirektorium und für die Zweiganstalten,
sowie die Dienstinstruktionen für die Beamten der Bank, und verfügt
die erforderlichen Abänderungen der bestehenden Geschäftsanweisungen
(Reglements) und Dienstinstruktionen‘). Ist der Reichskanzler_ ver-
hindert, so werden diese Befugnisse von einem Stellvertreter ausgeübt,
den der Kaiser hierfür ernennl?). Alle für den Geschäftsbetrieb der
Bank erforderlichen Beamten werden vom Reich ernannt, und wenn-
gleich dieselben auf Kosten der Bank ihre Besoldungen, Pensionen
und sonstigen Dienstbezüge erhalten, so haben sie doch die Rechte
und Pflichten der Reichsbeamten°), sind also auch der Disziplinar-
gewalt des Reiches unterworfen. Das vom Reich eingesetzte, dem
Reichskanzler untergeordnete Reichsbankdirektorium hat die gesamte
Geschäftsführung und die unbeschränkte Vertretungsbefugnis für die
Reichsbank ®).
Der Besoldungs- und Pensionsetat der Reichsbank wird vom Reiche
nach Maßgabe der im $ 28 des Bankgesetzes enthaltenen näheren An-
1) Bankgesetz $ 26, Abs. 2. Vgl. Bd. IS. 404.
2) Bankgesetz $ 26, Abs. 1. Die Annahme von Jo&] (Annalen 1878, S. 783), daß
diese Bestimmung durch das Stellvertretungsgesetz vom 17. März 1878 abgeändert
sei, kann nicht als zutreffend erachtet werden, da die Anordnung des Bankgesetzes
nach der Regel lex generalis legi speciali non derogat in Kraft geblieben ist. Vgl.
auch Meyer, Verwaltungsrecht $ 122 Note 14. Tatsächlich ist der Staatssekretär
des Innern mit dieser Stellvertretung betraut worden. Zentralbl. 1880, S. 801.
3) Bankgesetz $ 28. 4) Bankgesetz $ 27, Abs. 1; 8 38, Abs. 1.